Nawalnys Rückkehr nach Russland Putin hat sich einen Feind epischen Ausmaßes erschaffen

Alexej Nawalny bei seiner Festnahme am Moskauer Flughafen Scheremetjewo 
Alexej Nawalny bei seiner Festnahme am Moskauer Flughafen Scheremetjewo 
© Kirill Kudryavtsev / AFP
Wladimir Putin verkauft sich gern als großen geopolitischen Strategen. Doch in seiner Panik hat er sich diese Maske selbst vom Gesicht gerissen und Alexej Nawalny zu seinem größten Feind erhoben.

Am Sonntagabend konnte die ganze Welt bestaunen, wie Wladimir Putin eigenhändig die Rückkehr Alexej Nawalnys nach Russland in eine Sage epischen Ausmaßes verwandelte. Die paar Tausend Anhänger, die sich zur Begrüßung des Oppositionsführers am Flughafen Wnukowo versammelt hatten, hätten niemals dieselbe Wirkung erzielen können wie der Kreml-Chef, als er versuchte, ein Zusammentreffen Nawalnys mit seinen Unterstützern zu verhindern. Ein ganzer Flughafen für zwei Stunden gesperrt, Flugzeuge umgeleitet, wichtigste Autobahnen der Metropole Moskau gesperrt, Hunderte Sondereinheiten im Einsatz. All das, damit am Ende alle live verfolgen können, wie der Oppositionspolitiker an der Passkontrolle stoisch seine Festnahme hinnimmt und seine Frau schließlich unter stehenden Ovationen aus dem Flughafen geleitet wird.

Es ist die eigene Panik, Feigheit und Mittelmäßigkeit, denen es der Kreml nun zu verdanken hat, dass er einen politischen Gefangenen von Weltrang in seinen Händen hat. Wenn es für Putin früher möglich war, im Stillen und von der Weltöffentlichkeit fast unbemerkt sich einen Nawalny-Mitstreiter nach dem anderen vorzuknüpfen, wird er sich nun mit Staatsoberhäuptern, internationalen Institutionen und Sanktionen auseinandersetzen müssen.

Putin mimt gern den großen geopolitischen Strategen. Doch die Posse ist nun zu Ende. Die Festnahme Nawalnys hat ihm die Reste der Theaterschminke abgewischt. Was nun für alle sichtbar ist, ist ein von Angst verstörter Mann, der vor lauter Rachegelüsten nicht mehr über die eigene Nasenspitze hinwegzuschauen vermag. 

Für einfache Blogger werden keine Flughäfen gesperrt

Nawalny hätte ruhig nach Moskau fliegen können, seine Unterstützer hätten ihn freudig begrüßt, er hätte den Flughafen friedlich verlassen und wäre nach Hause gefahren. Dann hätte Putin bei seinen Pressekonferenzen weiterhin kichern und fragen können: "Wer braucht ihn überhaupt?" Einen griesgrämigen Blogger, für den der Kreml Nawalny gern verkauft. Aber nein. 

Mit Nawalny hat Putin sich selbst seinen größten Feind erschaffen. In seiner Panik erhob er ihn zum eindeutigen Führer der Opposition, zum Hauptgegner seines Regimes – und so zum Anwärter auf seinen Posten. "Für wen werden sonst ganze Straßen gesperrt?", fragen nun die Russen spöttisch und liefern selbst die Antwort: "Für Präsidenten."