"Ukraine – die Lage" Putin will Gebietsgewinne auch um den Preis der Zerstörung

Russlands Präsident Wladimir Putin will Gebiete von der Ukraine erobern, selbst wenn die völlig zerstört sein sollten, meint Carlo Masala
Russlands Präsident Wladimir Putin will Gebiete von der Ukraine erobern, selbst wenn die völlig zerstört sein sollten, meint Carlo Masala
© Yevgeny Biyatov/Sputnik / AFP
Russlands Präsident Wladimir Putin scheint kein Preis zu hoch zu sein, um der Ukraine Gebiete abzunehmen. Nach Einschätzung von Militärexperte Carlo Masala liegt das daran, dass Putin sich auf einer historischen Mission wähnt.

Der russische Präsident Wladimir Putin strebt nach Einschätzung des Militärexperten Carlo Masala in der Ukraine territoriale Gewinne selbst um den Preis der völligen Zerstörung dieser Gebiete an. Masala sagt im stern-Podcast "Ukraine – die Lage" vom Dienstag, Putin sehe sich auf einer historischen Mission. Ihm gehe es darum, der Ukraine Land zu entreißen, das nach seinem Verständnis zu Russland gehört. Er wolle sich in eine Reihe stellen mit Peter dem Großen und Stalin. Deshalb sei "es ihm relativ egal, ob er da eine komplette Wüste übernimmt oder nicht".

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Der Politikprofessor der Bundeswehruniversität München erläutert, dass die russische Armee mit ihrer überlegenen Artillerie die ukrainischen Städte zerstören könne. "Aber Ziele müssen ja auch eingenommen werden", sagt er. Die Ukrainer würden die Russen in Straßen- und Häuserkämpfe verwickeln, bei denen sie einen Vorteil hätten. Und selbst nach einer möglichen Niederlage der Ukraine in der Auseinandersetzung der beiden Armeen könnten die Kämpfe noch Jahre andauern, da die Ukrainer dann zum Partisanenkrieg übergehen würden. Masala macht deutlich, dass vieles gegen den Krieg spreche, den Russland führt. Trotzdem bleibe es dabei: "Letzen Endes überwiegt die historische Mission, auf der sich Putin befindet."

Sommer entscheidend für die Ukraine und Putin

Für die Ukraine sei es entscheidend, dass sie schnell Waffen erhalte. "Der Sommer ist die kritische Phase", sagt Masala. "Wenn über den Sommer nicht der Zulauf der sogenannten schweren Waffen massiv erfolgt, dann könnte sich das Blatt endgültig zugunsten der russischen Föderation drehen." Dies gelte für die militärische Auseinandersetzung zwischen den beiden Staaten. "Dann könnten sich die Ukrainer gezwungen sehen, im Herbst und im Winter in eine andere Strategie zu gehen; diese Strategie wäre eine Art Guerilla- und Partisanenkrieg."

Prof. Dr. Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München
© Imago Images

Dr. Carlo Masala ist Professor für Internationale Politik an der Bundeswehruniversität München. 

Mit Blick auf mögliche Verhandlungen über einen Frieden verweist er darauf, dass die Europäer zwar in irgendeiner Form beteiligt werden könnten. Entscheidend werde aber sein, "dass die Vereinigten Staaten direkt oder indirekt mit am Tisch sitzen werden". Russlands Präsident Wladimir Putin gehe es um Augenhöhe mit den USA. "Aus russischer Perspektive ist die Europäische Union kein einheitlicher Akteur, der Macht genug hat, dass Russland ihn akzeptieren müsste als ernsthaften Gegenspieler oder Verhandler."

tkr