Vor den Gesprächen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Washington hat sich der Sicherheitsexperte Christian Mölling wenig optimistisch zur künftigen Unterstützung des Verteidigungskrieges gegen Russland geäußert. Mölling sagte am Dienstag im stern-Podcast "Ukraine – die Lage": "Es macht alles gerade wenig Hoffnung." Er bezog sich damit auf die erbitterten Auseinandersetzungen im US-Kongress um die Freigabe weiterer Gelder für die Ukraine. Die Republikaner machen diese von Zugeständnissen in der Migrationspolitik abhängig.
Mölling erwartete, dass US-Präsident Joe Biden auf seine innenpolitischen Gegner werde zugehen müssen. "Biden wird dafür einen Preis zahlen müssen", sagte der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Wenn der Präsident versuchen sollte, ohne Zustimmung des Kongresses Geld für die Ukraine aufzutreiben, werde dies für ihn "doppelt schlimm" – er müsse sich dann im Wahlkampf nicht nur die Unterstützung der Ukraine vorhalten lassen, sondern auch noch die Umgehung des Parlaments. "Innenpolitik übertrumpft die Außen- und Sicherheitspolitik immer wieder", sagte Mölling. "Das ist in der Demokratie so angelegt." Auch wenn die Entscheidung schwierig sei, rate er Biden deshalb zum Kompromiss. "Ich glaube, er sollte es machen", sagte Mölling.
Mölling appelliert an Europäer besser vorbereitet zu sein
Der Experte warnte zugleich die Europäer davor, bei einer Fortsetzung der amerikanischen Hilfe die eigenen Anstrengungen zu reduzieren. "Dann werden sich die Europäer wieder hinlegen", sagte er für den Fall einer Einigung im US-Kongress voraus. Nach Möllings Einschätzung ist die Unterstützung der USA aber endlich – und zwar unabhängig von den unmittelbar anstehenden Entscheidungen. "Irgendwann ist da Schluss", betonte er. Trotzdem seien Staaten wir Deutschland auch nach fast zwei Jahren Krieg völlig unzureichend auf die kommenden Herausforderungen vorbereitet. "Das Durchwurschteln wird zur Kür der Politik in allen Bereichen erhoben", kritisierte er. "Das ist auch ein Signal an Moskau."
Mölling verwies auf die Probleme der Europäischen Union, gemeinsam zu handeln, wenn auch nur ein Mitglied sich verweigere. In Zusammenhang mit der Blockade-Haltung des ungarischen Ministerpräsidenten Victor Orban gegen Hilfen für die Ukraine und Beitrittsgespräche mit dem Land sprach er von "Erpressung".