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Ungarn Parlament entmachtet Verfassungsgericht

Ungeachtet aller Proteste hat das Parlament in Budapest eine weitreichende Änderung der Verfassung beschlossen. Das Verfassungsgericht ist damit faktisch entmacht, die Justiz an die Leine gelegt.

Das ungarische Parlament hat am Montag die international kritisierte Verfassungsänderung beschlossen. In Budapest stimmten 265 Abgeordnete für die Reform, elf lehnten sie ab und 33 enthielten sich. Politiker der Europäischen Union sowie anderer westlicher Staaten wie der USA werfen der Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban vor, mit der Verfassungsänderung demokratische Rechte einzuschränken.

Durch die Reform der Verfassung sollen unter anderem alle Entscheidungen des Verfassungsgerichts vor Inkrafttreten der Verfassung von 2012 nichtig werden. Außerdem wird der Weg für Einschränkungen in der Bildungspolitik, dem Wahlrecht und der Familienpolitik frei gemacht. Auch gegenüber Obdachlosen soll eine härtere Gangart möglich werden.

Die Regierungsmehrheit im Parlament hatte die umstrittenen Regelungen bereits als einfache Gesetze beschlossen. Das Verfassungsgericht hob sie dann allerdings wieder auf. Nun schreibt das Parlament sie deshalb gleich in die Verfassung - und beschneidet zugleich die Befugnisse des Verfassungsgerichts.

EU prüft Konsequenzen

Die EU-Kommission hatte zuvor den Druck auf Ungarn verstärkt. Eine Sprecherin kündigte in Brüssel an, dass die Kommission rechtliche Schritte ergreifen würde, falls die Änderungen in der angekündigten Form gebilligt werden sollten.

Das Vorhaben hatte schon im Vorfeld wegen seiner möglicherweise demokratieschädigenden Stoßrichtung Proteste in Ungarn ausgelöst und Besorgnis im Ausland hervorgerufen. So forderte Bundesaußenminister Guido Westerwelle die Einhaltung europäischer Grundwerte. "Wir sind in Europa eine Wertegemeinschaft. Und das muss sich auch nach innen in der Verfasstheit der Länder zeigen", sagte er am Montag vor einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel.

Tausende Menschen hatten am Samstag im Zentrum von Budapest unter dem Motto "Die Verfassung ist kein Spielzeug" gegen die Novelle demonstriert. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte am Freitag in einem Telefonat mit Orban seine Sorge bezüglich der Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien geäußert.

kng/DPA/AFP DPA

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