Unruhen in Frankreich Weitere 90 Tage Notstand

Frankreich hat die 20. Nacht mit Unruhen erlebt. Randalierer steckten erneut Fahrzeuge in Brand, in Paris allerdings deutlich weniger als zuvor. Die umstrittene Verlängerung der Notstandsgesetze soll die "Grand Nation" aus der Krise führen.

Frankreich hat die 20. Nacht mit Unruhen erlebt. Bis 04.00 Uhr steckten Randalierer 159 Fahrzeuge in Brand, drei weniger als in der Nacht zuvor, bilanzierte das Innenministerium am frühen Mittwochmorgen. Landesweit wurden 44 Verdächtige festgenommen. Kein Polizist erlitt bei den Auseinandersetzungen Verletzungen.

Die Krawalle gingen im Großraum Paris deutlich zurück - in der Hauptstadtregion Ile-de-France brannten nur 27 Autos verglichen mit 47 in der Nacht zum Dienstag. Aus den beiden Départements Hauts-de-Seine und Val-de-Marne wurde kein einziges brennendes Fahrzeug gemeldet. In der Provinz nahm die Zahl der Brandstiftungen dagegen um 17 auf 132 zu. In Romans-sur-Isère im Département Drôme im Südosten des Landes wurde am späten Dienstagabend eine Kirche durch Brandstiftung schwer beschädigt, wie die Präfektur mitteilte. Ein Zusammenhang mit den landesweiten Ausschreitungen war zunächst unklar.

Notstandsgesetze verlängert

Die Nationalversammlung billigte am Dienstagabend die Verlängerung des Ausnahmezustands um drei Monate. Stimmt der Senat wie erwartet am Mittwoch ebenfalls zu, tritt die Regelung am 21. November in Kraft. Die derzeit geltende Notstandsverordnung ist auf zwölf Tage begrenzt. Sie war von der Mitte-rechts-Regierung verhängt worden, um die seit fast drei Wochen Unruhen zu bekämpfen.

Innenminister Nicolas Sarkozy und Premierminister Dominique de Villepin versicherten am Dienstag, bei der Verlängerung des Notstands handele es sich um eine "Vorsichtsmaßnahme", von der differenziert Gebrauch gemacht werde. Die Ausrufung des Ausnahmezustands ermöglicht die Verhängung von Ausgehverboten und erweitert die Befugnisse der Polizei, etwa bei Hausdurchsuchungen. Die Entscheidung in der Nationalversammlung fiel mit den Stimmen der konservativen Regierungspartei UMP und der bürgerlichen UDF. Sozialisten, Kommunisten und Grüne stimmten dagegen. 346 Abgeordnete votierten für eine Verlängerung des Notstands bis Februar, 148 dagegen. Die Sozialisten betonten, dass die Unruhen langsam abebbten, und dass der Staat auch so über ausreichende Mittel verfüge, gegen Randalierer vorzugehen.

Einschränkung von Bürgerrechten

Die Notstandsgesetze ermöglichen 38 französischen Städten und Gemeinden unter anderem die Verhängung von Ausgangssperren, Hausdurchsuchungen ohne richterliche Genehmigung und das Verbot öffentlicher Versammlungen. Nur wenige Städte machten jedoch davon Gebrauch. So hatten Amiens, Orleans, Savigny-Sur-Orge, Elancourt und am Wochenende auch Lyon nächtliche Ausgangssperren für Jugendliche erlassen. Auch der Verkauf von Benzin an Jugendliche war zum Teil verboten worden, ebenso wie der Transport des Treibstoffs in Kanistern. Damit wollten die Behörden dem Bau von Molotow-Cocktails vorbeugen.

Die Unruhen hatten am 27. Oktober begonnen und 300 Gemeinden erfasst. 8800 Fahrzeuge und Dutzende Gebäude gingen seitdem in Flammen auf.

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