US-Gipfel gescheitert Obama will Gesundheitsreform alleine durchpeitschen

Sieben Stunden Live-Marathon: Im Fernsehen konnten die Amerikaner beobachten, wie die Republikaner die Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama blockieren. Nun droht Obama, sein wichtigstes Vorhaben mittels einer Sonderregelung durchzupeitschen.

Der Präsident trat auf wie ein Richter vor heillos zerstrittenen Konfliktparteien. Das Kinn auf die rechte Hand gestützt verfolgte Barack Obama am Donnerstag hochkonzentriert die Ausführungen der Parteien zur Gesundheitsreform. Er mahnte zur Überparteilichkeit, versuchte geduldig, den gegensätzlichen Argumenten Gemeinsamkeiten abzugewinnen, bat die Redner ruhig um Erläuterungen ihrer Positionen. Mit dem Gesundheitsgipfel vor laufenden Kameras hatte der Präsident versucht, sein Prestigeprojekt zu retten. Am Ende war eines klar: Die Republikaner werden ihm nicht dabei helfen.

Fast sieben Stunden saßen Republikaner und Demokraten auf Obamas Einladung zusammen. Am Anfang standen Appelle an die politische Vernunft. "Ich hoffe, das wird hier nicht zum politischen Theater, das wir nur für die Kameras aufführen", mahnte Obama. "Wir wollen, dass Sie Erfolg haben", beteuerte der republikanische Senator Lamar Alexander. Am Schluss aber stand Ernüchterung. Obama diagnostizierte vornehm "philosophische Gegensätze". Was er damit meinte, waren unüberbrückbare Gegensätze der Parteien. Der republikanische Senator Mitch McConnell resümierte: "Ehrlich gesagt: Ich bin enttäuscht."

"Wirklich genug ernsthafte Anstrengungen?"

Einen Durchbruch in der umstrittenen Frage der Gesundheitsreform gab es nicht, die Republikaner wollen Obamas Vorhaben nach wie vor nicht unterstützen. Für die Zuschauer, die das Treffen live im Fernsehen verfolgten, ergab sich dennoch ein Erkenntnisgewinn. Zum einen illustrierte der detailreiche Austausch von Argumenten eindrucksvoll, welch zähes Geschäft die Politik sein kann. Zum anderen machte Obama klar, dass er seinen Reformplan nach einem Scheitern des Kooperationsversuchs auch ohne die Republikaner durchzusetzen gedenkt.

"Gibt es wirklich genug ernsthafte Anstrengungen, etwas hinzubekommen?", fragte Obama zum Abschluss. "Falls nicht, dann müssen wir vorwärtsgehen und Entscheidungen treffen." Dies war ein klarer Verweis auf die parlamentarische Trickkiste: Zwar fehlt Obamas Demokraten eine Stimme, um die nötige Mehrheit von 60 der 100 Stimmen im Senat für die Reform zu bekommen. Obama könnte indes versuchen, die Reform mit einer Sonderregelung durchzupeitschen, die für Haushaltsgesetze eine einfache Mehrheit von 51 Stimmen vorsieht. Die Republikaner warnten Obama nachdrücklich vor einem solchen Manöver.

"John, wir sind nicht mehr im Wahlkampf"

Ob Obama am Ende die Reform bekommt, blieb nach dem Treffen offen. Für den Präsidenten war die Inszenierung dennoch von Vorteil. Er demonstrierte Führung, argumentierte mit vielen Details, betonte immer wieder die Suche nach Gemeinsamkeiten. Er stellte die Republikaner vor den Augen des Fernsehpublikums bloß und warf ein Licht auf deren Blockademanöver, die sonst hinter den Kulissen im Kongress die Gesetzgebung lähmen. Die Atmosphäre war angespannt. Heiter waren in dem Sitzungssaal des Regierungsgästehauses Blair House nur die Wandfresken, die blühende Heidelandschaften zeigten. Die Gesichter der Politiker zeigten Anspannung, bisweilen Ungeduld, streckenweise höhnische Distanz.

Es dauerte gerade mal 40 Minuten, bis die Gäste erstmals gegen Obamas Mahnung verstießen, den Konsens zu suchen und nicht den Konflikt. Der demokratische Fraktionschef im Senat, Harry Reid, warf den Republikanern vor, die Gesundheitsreform in der Öffentlichkeit bewusst zu entstellen. "Sie haben ein Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eine eigene Wahrheit", sagte er scharf. Die meisten Funken flogen zwischen Obama und Senator John McCain, seinem Gegner aus der Präsidentenwahl. McCain konnte seinen Ärger über Obama kaum verbergen, der Präsident wies ihn kühl zurecht: "John, lass mich eines sagen, wir sind nicht mehr im Wahlkampf, die Wahl ist vorbei."

AFP
Von Peter Wütherich/AFP