Mit seinem Vorstoß zu einer möglichen Verschiebung der Wahl im November ist US-Präsident auf deutlichen Widerstand auch in seiner eigenen republikanischen Partei gestoßen. Mitch McConnell, der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, sagte gegenüber dem lokalen Sender WNKY seines Heimatstaates Kentucky: "Niemals in der Geschichte dieses Landes, durch Kriege, Depressionen und den Bürgerkrieg hindurch, haben wir jemals eine vom Bund geplante Wahl nicht pünktlich abgehalten". Die Wahl werde wie geplant am 3. November stattfinden.
In der gesamtem US-amerikanischen Politik stieß Trumps Vorstoß auf breite Ablehnung. Zahlreiche Kongressmitglieder äußerten sich - in der eigenen republikanischen Partei wie auch bei den oppositionellen Demokraten. Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, verwies auf Twitter auf die US-Verfassung, wonach der Kongress für den Wahltermin zuständig ist. Mit anderen Worten: Der Präsident hat nicht die Vollmacht, den Wahltermin zu verlegen.
Trump: "Will nicht herausfinden, dass alle Wahlzettel fehlen"
Donald Trump selbst hat seinen Vorschlag für eine Verschiebung der Präsidentschaftswahl derweil relativiert. Er wolle keine Terminänderung, sagte Trump am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. "Aber ich will auch nicht drei Monate warten müssen und dann herausfinden, dass alle Wahlzettel fehlen und die Wahl bedeutungslos ist", sagte Trump. Er warnte, die USA könnten "zum Gespött der ganzen Welt" werden. Trump betonte erneut vor der vermeintlichen Gefahr massiven Betrugs bei der wegen der Corona-Pandemie zu erwartenden hohen Zahl von Briefwahlstimmen.
Trump bekräftigte nun in seinem Auftritt vor Journalisten im Weißen Haus, er wolle keine "betrügerische Wahl". Er warnte, dass dies die "am stärksten manipulierte Wahl der Geschichte" werden könnte. Er wolle, dass die Wahl stattfinde. Doch wolle er nicht, dass er danach drei Monate abwarten müsse, um "herauszufinden, dass die Stimmzettel verschwunden sind, und die Wahl nichts bedeutet". Zuvor hatte Trump in einer Botschaft im Internetdienst Twitter eine Verschiebung der für den 3. November angesetzten Wahl ins Spiel gebracht. Er fragte darin: "Die Wahl verschieben, bis die Menschen richtig und in Sicherheit wählen können?"
Schon in den vergangenen Monaten hatte Trump wiederholt Briefwahlen als besonders betrugsanfällig kritisiert. Es war nun aber das erste Mal, dass er öffentlich über eine mögliche Verschiebung der Wahl sinnierte. Wegen der Pandemie erwarten Beobachter eine massive Zunahme der Stimmabgabe per Brief. Viele Menschen dürften aus Sorge vor einer Ansteckung Wahlbüros meiden. Mehrere Bundesstaaten wollen die Briefwahl erleichtern. Experten stufen das Betrugsrisiko bei der Briefwahl als sehr gering ein.
"Verzweifelter Versuch, von Wirtschaftszahlen abzulenken"
Kritiker werfen Trump vor, schon im Vorfeld den Wahlprozess in ein schlechtes Licht rücken zu wollen - um das Ergebnis im Falle seiner Niederlage in Zweifel ziehen zu können. In den Umfragen liegt Trump hinter seinem Rivalen Joe Biden zurück, dies teils sehr deutlich. "Ich wünschte, er hätte das nicht gesagt", reagierte der ebenfalls konservative Senator Marco Rubio auf Trumps Vorstoß. "Wir werden im November eine Wahl abhalten."

Die oppositionellen Demokraten bezeichneten Trumps Äußerung als "verzweifelten Versuch, von den heutigen verheerenden Wirtschaftszahlen abzulenken". Kurz vor Trumps Tweet waren neue Konjunkturdaten veröffentlicht worden. Demnach erlitt das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal wegen der Corona-Krise einen historischen Einbruch und schrumpfte im Vergleich zum Vorjahresquartal um 9,5 Prozent.
Biden hatte schon Ende April gewarnt, dass Trump versuchen könnte, eine Verschiebung des Wahltermins zu erreichen. "Erinnern Sie sich an meine Worte: Er wird irgendwie versuchen, die Wahl nach hinten zu verschieben, er wird irgendeine Begründung finden, warum sie nicht abgehalten werden kann", sagte der frühere Vizepräsident. Trump wies dies damals als "Propaganda" zurück.