Die Entführung eines türkischen Verkehrsflugzeuges auf einem Inlandsflug von Istanbul nach Ankara hatte nach amtlichen türkischen Angaben keinerlei politischen Hintergrund. Der rund 20 Jahre alte Luftpirat habe sich vielmehr um seine Mutter und Schwester, die in Deutschland seien, gesorgt, erklärte Minister Binali Yildirim am Samstag in Ankara.
Der Entführer hatte noch in der Nacht auf dem Flughafen von Athen, wo die Maschine offenbar zum Auftanken zwischengelandet war, aufgegeben und die 203 Passagiere und Besatzungsmitglieder des Airbus 310 der Turkish Airlines von Bord gelassen. Der als Ozgur Gencaslan identifizierte Luftpirat hatte den Weiterflug nach Berlin gefordert.
Nach griechischen Angaben trug Gencaslan Sprengstoff am Körper, was von Yildirim aber bezweifelt wurde. Er habe Vertrauen in die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Istanbuler Flughafen, sagte Yildirim. Der Mann sei zwei Mal durch Sicherheitschecks gegangen. „Seine Forderung lautete Weiterflug nach Berlin nach dem Auftanken„, erklärte Yildirim. „Er gab an, seine Mutter und seine Schwester würden irgendwie in Deutschland festgehalten, die Einzelheiten waren aber nicht klar.„ Gencaslan, der 1983 geboren wurde, habe offenbar mehrere Jahre in Deutschland gelebt. Zum psychischen Zustand Gencaslans wollte der Minister sich nicht detailliert äußern. Es habe bei der Unterredung mit ihm aber einige Schwierigkeiten gegeben, und es sei klar gewesen, dass Gencaslan einige ernsthafte Probleme habe. Zuvor hatte schon der Gouverneur von Istanbul, Muammer Güler, gesagt, der Flugzeugentführer habe keine Verbindungen zu terroristischen Gruppen.
Unter den Passagieren waren auch zwei türkische Parlamentsabgeordnete. Die Behörden in Athen hatten nach Angaben der griechischen Regierung die Verhandlungen mit dem Entführer geführt. Auch der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan und Yildirim sprachen am Telefon mit dem Luftpiraten, wie Yildirim bestätigte. Die Maschine stand auf einer Rollbahn des Athener Flughafens und war von Soldaten umstellt. Ein Sprecher der Deutschen Flugsicherung (DFS) sagte, der Entführer habe gefordert, nach Berlin-Tegel zu fliegen. Die Passagiermaschine war nach Angaben der Fluggesellschaft um 21.00 Uhr (MEZ) in Istanbul gestartet und sollte nach Ankara fliegen.
In der Türkei hat es in den vergangenen Jahren bereits mehrere Flugzeugentführungen gegeben. Im Oktober 1999 war eine Boeing 737 der EgyptAirlines auf dem Weg von Istanbul nach Kairo entführt worden. Das Flugzeug landete damals in Hamburg, wo sich die Entführer rasch der Polizei ergaben.