Wahl in Großbritannien Brown will für starke Regierung kämpfen

Aus der britischen Unterhauswahl ist keine Partei als klarer Sieger hervorgegangen. Die oppositionellen Konservativen von David Cameron wurden am Donnerstag laut Nachwahlbefragungen stärkste Kraft, errangen aber nicht die zur Regierungsbildung notwendige absolute Mehrheit.

In Großbritannien hat nach der Unterhauswahl der Kampf um das Recht zur Regierungsbildung begonnen. Die Konservativen gewinnen zwar deutlich hinzu, verfehlen war wohl die absolute Mehrheit. Die bislang regierende Labour-Partei habe nach ihren deutlichen Verlusten das Recht zu regieren verloren, erklärte der Führer der Konservativen, David Cameron. Premierminister Gordon Brown deutete an, dass er versuchen will, die Macht für seine Partei durch die Bildung einer Koalitionsregierung zu erhalten.

Die deutlichen Verluste für Labour zeigten, dass die Wähler den Wandel wollten, sagte Cameron. "Der Wandel erfordert eine neue Führung." Wie die aussehen könnte, war noch unklar. Auch andere Politiker wollten sich zu den Aussichten zunächst nicht äußern. Der Labour-Staatssekretär für Schulen und Familie, Ed Balls, erklärte laut BBC: "Die Wähler haben gesprochen, wir haben aber noch nicht genau gehört, was sie gesagt haben."

Die Konservativen konnten Prognosen zufolge darauf hoffen, Labour über 90 Sitze abzunehmen und ihr bestes Ergebnis seit 80 Jahren zu erreichen. Mit vermutlich dann 305 Sitzen verfehlen sie die absolute Mehrheit von 326 Mandaten aber knapp. Die Labour-Partei konnte nur noch mit 255 Sitzen rechnen. Als größte Überraschung der Wahlnacht zeichnete sich aber ab, dass die Liberaldemokraten weit von den Stimmengewinnen entfernt sind, die in letzten Umfragen erwartet wurden. Sie kommen vermutlich nur auf 61 Sitzen. Für andere Parteien und Unabhängige wurden 29 Mandate erwartet.

Für die Tories ist damit klar, dass Brown als Regierungschef gehen muss. Das sahen Vertreter der Labour-Partei zunächst noch anders. Wirtschaftsminister Peter Mandelson sagte, es hätten sich "natürlich Wähler von Labour abgewandt, aber sie sind nicht in die Arme von David Camerons Tories geflogen". Er verwies darauf, dass die amtierende Regierung den ersten Versuch zur Regierungsbildung habe. Er habe kein Problem damit, in Verhandlungen mit anderen Parteien "das Land mit einer starken und stabilen Regierung zu versorgen". Auch Brown erklärte, das Land brauche eine "starke, stabile und prinzipientreue Regierung", um die wirtschaftliche Erholung voranzubringen. Er kündigte zudem an, er werde sich für eine Wahlrechtsreform einsetzen.

Eines der prominentesten Opfer der Labour-Verluste war die frühere Innenministerin Jacqui Smith, die wegen eines Spesenskandals ihren Posten im Kabinett räumen musste. Dafür gewann Labour den Wahlkreis Rochdale, wo Brown in der vergangenen ein schwerer Lapsus im Wahlkampf passiert war und er sich abfällig über eine Wählerin geäußert hatte. Brown besuchte sie später und entschuldigte sich.

Bei der Wahl kam es offenbar in einigen Stimmbezirken zu erheblichen Problemen. Wähler berichteten, sie seien abgewiesen und wieder nach Hause geschickt worden. Das könne dazu führen, dass die Ergebnisse angefochten werden, erklärte am frühen Freitagmorgen die Vorsitzende der Wahlkommission, Jenny Watson. Betroffen waren vermutlich Hunderte Wähler. Bei einem Wahllokal wurde die Polizei gerufen, als es zu einer Protestdemonstration kam.

Probleme gab es demnach unter anderem in Milton Keynes in Südengland und in Sheffield, wo der Führer der Liberaldemokraten, Nick Clegg, einen Sitz hat, und in Newcastle in Nordengland und auch in London. Wähler berichteten auf der Website der BBC, sie seien abgewiesen worden, als sich kurz vor Schließung um 22.00 Uhr lange Schlangen vor dem Wahllokalen gebildet hätten.

P. Dodds und D. Kirka, APN/AFP