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Schottland-Referendum Viele Gewinner und eine Gefahr

Das Unabhängigkeits-Referendum in Schottland hat ein ganzes Land politisiert. Nach der Wahl gibt es mehr Gewinner als Verlierer. Doch nun melden sich auch gefährliche Populisten zu Wort.
Ein Kommentar von Michael Streck

Die Schotten haben abgestimmt und wollen mehrheitlich Teil des Vereinigten Königreiches bleiben. Aufatmen in Europa und speziell in Spanien. Denn der Sieg der Unionisten ist gleichzeitig ein Rückschlag für die katalanische Unabhängigkeitsbewegung.

"No" hat gewonnen, mit 400.000 Stimmen Vorsprung. Großbritanniens Premier David Cameron darf mithin im Amt bleiben. Er ist ein Gewinner mit Schrammen.

"No" hat gewonnen, auch weil Camerons Vorgänger Gordon Brown ein furioses Comeback hinlegte und mit ungewohnter Emotion Unentschlossene noch auf die „Better Together“-Seite lotste. Er ist ein später Gewinner, ohne Schrammen.

"Yes" hat verloren, und dennoch darf sich Schottlands First Minister Alex Salmond, der charismatische Vorsitzende der Scottish National Party, als Gewinner fühlen. Vor einem halben Jahr lag seine Yes-Bewegung in den Umfragen fast aussichtslos zurück. Er schaffte es, ein ganzes Land zu politisieren. Das ist eine große und auch historische Leistung. Mehr ging nicht. Vielleicht auch das ein Grund, für seinen Rücktritt von allen Ämtern.

Es gibt bei dieser Wahl mehr Gewinner als Verlierer, und das passiert nicht oft. Schottland erhält aus der britischen Regierung in Westminster noch mehr Eigenständigkeit. Denn als sich abzeichnete, dass es auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hinauslaufen würde, bildete sich im Süden der Insel eine Allianz der plötzlichen Liebe: Labour, Konservative und Liberaldemokraten überschütteten den Verwandten im Norden mit politischen Präsenten. "Love bombing", nannten das die Zeitungen.

Gefährlicher Populist kapert die Debatte

Davon wird nun auch der Rest des Vereinigten Königreiches erfasst. Die Allianz der Liebe muss das, was sie den Schotten zusicherte, in Zukunft dem übrigen Land zugestehen. Das ist die gute Nachricht für ganz Großbritannien. Die schlechte ist, dass Nigel Farage, Chef der nationalistischen und europafeindlichen United Kingdom Independence Party (UKIP) die Debatte kapert. Das Ergebnis war kaum verkündet, da meldete sich Farage zu Wort. Er will die Rechte der 59 schottischen Abgeordneten in Westminster beschneiden, „England first“. Farage ist ein gefährlicher und schlauer Populist.

Sein rückwärtsgewandter Nationalismus hat nichts gemein mit dem progressiven Ansatz von Salmonds Scottish National Party. Es wäre eine Schande, wenn ausgerechnet UKIP vom schottischen Referendum profitieren würde.

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