Die derzeitige Einberufungspraxis zum Wehrdienst ist nach Auffassung des Kölner Verwaltungsgerichts verfassungswidrig. In zwei Fällen setzte das Gericht die Einberufung von jungen Männern zum Grundwehrdienst aus, weil der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt sei, sagte ein Sprecher am Mittwoch und bestätigte damit einen "Handelsblatt"-Bericht.
Hintergrund sind die deutlich sinkenden Zahlen von Grundwehrdienstleistenden. Es werde nicht mehr "umfassend und gleichmäßig" eingezogen. Das Kölner Gericht legte die Fälle dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vor, das nun prüfen soll, ob die Praxis mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Die beiden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts (AZ: 8 K 5791/08 und 8 K 5913/08) stammen bereits vom Dezember 2008, waren aber damals nicht veröffentlicht worden. In der Entscheidung heißt es: "Eine bürgerliche Pflichtengleichheit ist nur gewährleistet, wenn sichergestellt ist, dass Wehrpflichtige umfassend und gleichmäßig herangezogen werden." Das sei aber nicht mehr der Fall. Nur noch eine "Minderheit" leiste Wehrdienst, der Rest sei davon befreit. "So kann von einer gleichen Last für alle pflichtigen Bürger nicht mehr gesprochen werden", heißt es in dem Vorlagebeschluss.
2007 wurden 67.834 junge Männer zum Grundwehrdienst eingezogen, zitierte der Gerichtssprecher Zahlen aus dem Kölner Beschluss. 1998 waren es noch 160.425 Einberufungen gewesen. Vor fünf Jahren waren die Tauglichkeitskriterien verschärft worden. Etwa jeder zweite wird inzwischen ausgemustert.