Die niedersächsische CDU hat zwei Monate nach der Wahl von CDU-Landeschef David McAllister zum Ministerpräsidenten ein Zeichen der Geschlossenheit gesetzt. Der Landesparteitag der Christdemokraten in Lingen wählte den 39-jährigen Deutsch-Schotten am Freitag in Lingen mit einem 97-Prozent-Ergebnis für zwei weitere Jahre zum CDU-Landeschef. McAllister blieb damit unwesentlich hinter dem Traumergebnis von 98,9 Prozent zurück, mit dem er 2008 erstmals zum niedersächsischen CDU-Vorsitzenden gewählt worden war.
Seine Rolle als Ministerpräsident hat der Rechtsanwalt mit intellektueller Präsenz, Sachverstand und seinem bekannten rhetorischen Geschick in den ersten zwei Monaten fast schon routiniert ausgefüllt. Dennoch produzierte seine Landesregierung immer wieder Negativschlagzeilen. Halbherzigen Haushaltsbeschlüssen folgten Querelen über eine Mediencharta, die Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) plante, und Vorwürfe von Tierschützern gegen Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen (CDU) wegen deren früherer Tätigkeit in der Puten-Produktion.
Dabei konzentriert sich Christians Wulffs einstiger Kronprinz, der durch die Wahl seines Vorgängers zum Staatsoberhaupt überraschend schnell zum jüngsten Ministerpräsidenten der Republik aufrückte, bislang ganz auf die Landespolitik. Der Posten des stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden, der dem drittgrößten CDU-Landesverband in Niedersachsen zusteht, soll auf Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen übergehen. Der Landesparteitag in Lingen sollte sie für dieses Amt einmütig empfehlen.
Wenig Aussichten auf Geld für Atommülllager Asse
Auch in der Debatte um die AKW-Laufzeiten stellte McAllister Landesinteressen ganz obenan. Niedersachsen ist bei der Windenergie führend und zudem das Land des Gorleben-Protestes und des einsturzgefährdeten Atommülllagers Asse. McAllister unterstützte denn auch in der CDU-internen Debatte Bundesumweltminister Norbert Röttgen, verlangte eine "moderate" Laufzeitverlängerung und forderte im CDU-Präsidium und auf dem Landesparteitag, die AKW-Betreiber auch für "die Kosten für die Sanierung der Asse" und den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien heranzuziehen.
Die notwendigen Milliarden für die Sanierung der Asse spielten aber keine Rolle, als sich Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag in Lingen mit den Chefs von RWE und E.ON traf, obwohl auch McAllister anreiste. Auch der dort diskutierte Beitrag der AKW-Betreiber zu den Erneuerbaren Energie kann sich durchaus als Selbstverpflichtung zu eigenen Investitionen entpuppen, wovon die niedersächsische Windenergiebranche wenig hat.
Schwierige Erblasten des Vorgängers Wulff
Der Deutsch-Schotte McAllister hat von Amtsvorgänger Wulff ein finanziell und wohl auch personell schwieriges Erbe übernommen. Nach seinem Amtsantritt hatte er auf einer Kabinettsklausur eine Milliardenlücke in der Haushaltplanung für 2011 zu schließen. Er vermied dann aber einschneidende unpopuläre Kürzungen und setzte stattdessen auf noch unsichere Einnahmezuwächse. So will das Land kommendes Jahr 300 Millionen Euro aus dem Verkauf von VW-Aktien erlösen, die es noch gar nicht besitzt, sondern erst beim endgültigen Zusammenschluss von VW und Porsche zusätzlich erhalten soll.

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Die Umbildung des Landeskabinetts auf vier Positionen, die Wulff noch im April ins Werk gesetzt hatte, hinderte seinen Nachfolger daran, personell sofort eigene Entscheidungen zu treffen. Allerdings machte dann die im April berufenen Sozialministerin Özkan durch eine Mediencharta Schlagzeilen, die zu einer integrationsfreundlichen Berichterstattung verpflichten sollte und den Eindruck einer Gängelung der Medien erweckte.
Die ebenfalls seit April amtierende Landwirtschaftministerin Grotelüschen wurde von ihrer beruflichen Vergangenheit als Putenzüchterin eingeholt. Die Tierschutzorganisation PETA warf Putenmästern, die für die Firma Grotelüschen arbeiten, Verstöße gegen den Tierschutz vor. McAllister hielt sich bei den Querelen um beide Ministerinnen zurück. Seine Teilnahmen an einem Treffen von Özkan mit Vertretern der Medienbranche sagte er kurzfristig ab. Als der niedersächsische Landtag ausführlich über die Agrarministerin und die Firma Grotelüschen debattierte, ergriff er nicht das Wort.