Pünktlich zum 8. März schlug die große Stunde von Organisationen und Verbänden, die sich für das weltweite Wohl der Frauen einsetzen. Mag das Rosenverteilen in deutschen Firmen und Fußgängerzonen der einen oder anderen befremdlich vorkommen. Der Kampf für die Rechte und Gleichberechtigung der Frau ist nach wie vor sinnvoll. In vielen Teilen der Welt noch mehr als in Deutschland.
Doch bei so mancher Aktion schossen die Organisatoren übers Ziel hinaus. Das hätte die deutsche Sozialdemokratin Clara Zetkin nicht gewollt, als sie für die Einführung eines Tags der Frau kämpfte, der erstmals am 19. März 1911 in Deutschland und Nachbarländern begangen wurde.
Eine Frau im Auto-Vorstand - herrje
Als ob es keinen besseren Tag gegeben hätte, verkündet die Bayerische Motoren Werke AG, dass sie zum 1. Juli eine Frau in ihren Vorstandsreihen begrüßen wird. 96 Jahre nach ihrer Gründung. Die bisherige Bahn-Managerin Milagros Caiña-Andree darf sich dann mit sechs Herren um die Belange des Konzerns kümmern. Und ist dann immerhin die 10. Frau in einem Führungsgremium der 30 Dax-Konzerne. Es geht voran, Deutschland!
Zu blöd, dass pünktlich dazu die Anzeige eines Autoverleihers wieder ausgegraben wurde. Zum Frauentag 2011 warb das Unternehmen für einen 1er BMW als Mietwagen: "Unser Auto zum Weltfrauentag: Das Auto, das sich an der Ampel selbst abwürgt."
Schröder ehrt die Männer
In diese Kerbe haut auch die liebe Frauenministerin Kristina Schröder. Die CDU-Politikerin beweißt durch ihr hartnäckiges Ablehnen der Frauenquote wie auch durch Aktionen wie "Spitzenväter 2012", dass sie der Lebenswirklichkeit ihrer Geschlechts- und Altersgenossinnen meilenweit entrückt ist. Schröder schenkt am Internationalen Weltfrauentag dem Familienvater Arne Gericke (47) aus Tessin bei Rostock und dem alleinerziehenden Vater Marc Steinmetz (37) aus Bad Bergzabern (Rheinland-Pfalz) jeweils 5000 Euro. Warum? Weil sie das tun, was Tausende, ach was, zehntausende Frauen tagtäglich in Deutschland tun: sich um den selbstgezeugten Nachwuchs kümmern. Hallo? Geht's noch, Frau Schröder?
Der nicht gerade als Frauenversteher bekannte Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn ist zu Gast an der Cambridge Union. Proteste von Frauenrechtsgruppen werden erwartet - vollkommen zu Recht. Die wären auch ohne das heutige Datum angebracht.
Es gibt so viele gute Orte für Frauen
Aber das Leben als Frau ist nicht überall schlecht, das muss man ganz deutlich so sagen. Der "Independent on Sunday" hat sich auf der Weltkarte umgeschaut, wo es am meisten Spaß macht, eine Frau zu sein. Während in Island die Gleichberechtigung am weitesten vorangeschritten ist, haben ausgerechnet in Ruanda die Frauen die Mehrheit der Parlamentssitze inne. Für Mütter ist Norwegen der beste Platz auf dieser Welt, für Politikerinnen Sri Lanka, weil hier bereits seit 23 Jahren Frauen als Staatschefs an der Macht sind, was in dem durch den Bürgerkrieg gebeutelten Land allerdings eine zweifelhafte Ehre sein dürfte. Auf den Bahamas werden Frauen am stärksten am Wirtschaftsgeschehen beteiligt, in Luxemburg haben sie das höchste Durchschnittseinkommen, in Burundi arbeiten deutlich mehr Frauen als Männer.
Frauen in den Medien
Apropos arbeiten. Seitdem die Frauenquote von Journalistinnen mit Vehemenz in die Schlagzeilen gehievt wurde, scheinen die Herren in deutschen Verlagshäusern bemüßigt, Stellung zu beziehen. So wird beim Axel-Springer-Verlag öffentlichkeitswirksam die "Bild"-Zeitung und die Onlineseite am Frauentag nur von Männern gemacht. Die Frauen haben frei bekommen. Über dem Berliner Redaktionsgebäude der "tageszeitung" (schräg gegenüber der "Bild") flattert eine riesige Fahne mit Frauensymbol, natürlich in lila. Yeah! Das Frauenmagazin "Missy Magazine" ist da deutlich praktischer und verlost drei Vibratoren. Und die Kollegen der englischsprachigen Onlineseite "People's Daily Online" haben die weibliche Seite des derzeit abgehaltenen Volkskongresses festgehalten: eine Fotostrecke mit Frauen, die dort wahlweise als Service- oder Sicherheitskräfte oder Medienberichterstatterinnen arbeiten.

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Und wen man die Chinesen schon zum Augenverdrehen veranlassen, machen die Indonesier komplett sprachlos. Sie wollten im Parlament Miniröcke verbieten, weil das die Männer verleite. "Man kennt Männer ja", sagte der Vizepräsident des Repräsentantenhauses nach einem Bericht des Online-Portals Vivanews.com. "Wenn Frauen solche Röcke tragen, turnen sie die Männer an." Nach einem Aufschrei der Empörung auf Twitter und Facebook will man von dem Verbot nun absehen.
Kommerz im Namen der Frau
Was in Deutschland erst in Ansätzen versucht wird - nämlich den Internationalen Frauentag ähnlich dem Valentinstag zu kommerzialisieren - gelingt in Russland bereits hervorragend. Im Durchschnitt machen die Russen ihren Frauen, Freundinnen und Kolleginnen Geschenke im Wert von 2800 Rubel (72 Euro). Der Tag ist arbeitsfrei und bereits am Tag zuvor tragen Männer riesige Bouquets aus den Blumenläden. Selbst an die etwa 60.000 weiblichen Gefangenen im größten Land der Erde wurde gedacht - sie sollten mit Konzerten und Modenschauen unterhalten werden.
Unseren lieben Nachbarn in der Schweiz wird der Rummel um die Frau allmählich zu viel. Im Kanton Zürich wurde einen Tag vor dem Weltfrauentag der erste staatliche Männerbeauftragte angestellt. Der studierte Psychologe Markus Theunert wird künftig als direkter Ansprechpartner für Männer in Sachen Gleichstellung zur Verfügung stehen, teilte die dortige Justizdirektion mit. "Männer wollen auch mitreden und dem wollen wir Rechnung tragen", erklärte Theunerts Chefin Helena Trachsel. Das überrascht, schließlich ist die Schweiz nicht gerade als Land der Gleichberechtigung bekannt. Erst seit 1971 dürfen Frauen dort wählen. Allen deutschen Männern, denen das Gerede um die Rechte der Frau auf den Geist geht, sei gesagt: Ihr habt drei Namenstage an dem ihr für eure Rechte kämpfen könnt: der Vatertag (Himmelfahrt), der Weltmännertag (3. November, mit Schirmherr Michail Gorbatschow) und der Internationale Männertag (19. November), der 1999 in Trinidad und Tobago eingeführt wurde.