Antidiskriminierungsgesetz Hoffen auf das Paradies

Nie wieder eine Benachteiligung wegen der sexuellen Orientierung, der Religion, des Geschlechts, des Alters - oder eine goldene Nase für Rechtsanwälte? Der Bundestag berät über das Antidiskriminierungsgesetz - und die Wogen gehen hoch.

Der Bundestag ist am Freitag in Berlin zusammengekommen. Am Vormittag beriet das Parlament zunächst in erster Lesung über das von Rot-Grün eingebrachte Antidiskriminierungsgesetz. Mit dem Gesetz soll nach den Vorstellungen der Koalition ein wirksamerer Schutz beispielsweise vor Einschüchterungen, Beleidigungen oder sexueller Belästigung erreicht werden. Aber auch Diskriminierung bei der Wohnungssuche soll entgegengewirkt werden. Das Gesetzesvorhaben setzt eine EU-Richtlinie um. Die Wirtschaft hatte den Vorstoß als vollkommen überzogen kritisiert und entschiedenen Widerstand angekündigt.

Hundt: "Eldorado für Rechtsanwälte"

Nach Einschätzung führender Wirtschaftsverbände enthält das Gesetz zahlreiche finanzielle Risiken und führt zu mehr Bürokratie in den Unternehmen. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hatte von einem "Eldorado für Rechtsanwälte" gesprochen. Koalitionspolitiker wiesen die Befürchtungen als unbegründet zurück und verteidigten das Gesetz als ausgewogen. Im Bundesfamilienministerium soll außerdem die Stelle eines Antidiskriminierungsbeauftragten eingerichtet werden. Der Bundesrat muss dem rot-grünen Gesetzesvorhaben nicht zustimmen.

Union ist strikt dagegen

Die Union lehnt das von SPD und Grünen vorgelegte Antidiskriminierungsgesetz als zu weitgehend und zu bürokratisch ab. "Die Unternehmen werden sich noch schwerer tun bei Einstellungen", sagte der Unions-Arbeitsmarktpolitiker Karl-Josef Laumann. Die Vorschriften seien "ein weiterer Schritt, das Land bürokratischer zu machen". Durch das Gesetz würden Arbeitgeber zusätzlich belastet, kritisierte Laumann. Dies schade auch den Arbeitnehmern. "Dieses Gesetz wird dazu führen, dass der Arbeitgeber aus lauter Angst, wegen angeblicher Diskriminierung vor den Kadi gezogen zu werden, nur noch nach Zeugnisnoten einstellt und befördert." Menschen mit weniger guten Noten hätten künftig schlechte Karten.

Die Bundesregierung habe sich aus den EU-Richtlinien "jeweils das Maximum herausgepickt und alles zusammen in den Gesetzentwurf hineingeschrieben", sagte Laumann. Dabei habe sie nicht berücksichtigt, dass in Deutschland anders als in anderen EU-Ländern bereits starke Arbeitnehmerschutzgesetze existierten.

Grüne: Roth rechnet nicht mit Klagewelle

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth rechnet nicht mit einer Prozesswelle durch das geplante neue Antidiskriminierungsgesetz. "In anderen Ländern gibt es Antidiskriminierungsrichtlinien und -gesetze und da wird überhaupt nicht groß prozessiert", sagte Roth am Freitag im ZDF. Das Gesetz solle vor allen Dingen "präventiven Charakter" haben. Außerdem reiche für eine Klage nicht die bloße Behauptung einer Diskriminierung aus, es müssten Tatsachen vorgelegt werden.

Es gehe nicht um "kompliziertere Regelungen", sagte Roth, sondern "um etwas, was doch Grundkonsens in unserer Gesellschaft sein muss". "Es kann nicht sein, dass jemand aufgrund einer ethnischen Herkunft, der Religion, des Geschlechts, des Alters, einer Behinderung oder der sexuellen Identität benachteiligt und diskriminiert wird." Der Bundestag debattiert heute (Freitag) in erster Lesung das umstrittene Antidiskriminierungsgesetz. Der Gesetzentwurf knüpft an EU-Richtlinien an. Union, FDP und die Wirtschaft lehnen die Regelungen als zu weitgehend ab.

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