Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Arbeitgebern Hoffnungen gemacht, dass die Bundesregierung eine Zersplitterung der Tariflandschaft verhindert. "Ich persönlich bin davon überzeugt, dass es eine Regelungsnotwendigkeit gibt", sagte Merkel am Dienstag auf dem Deutschen Arbeitgebertag in Berlin. Innerhalb der nächsten zwei Monate werde die Bundesregierung mitteilen, was sie beim Thema Tarifeinheit zu tun gedenke. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt appellierte an Merkel, rasch die durch einen Richterspruch gefährdete Tarifeinheit gesetzlich abzusichern, nach der in einem Betrieb nur ein Tarifvertrag angewendet wird.
Auch Wirtschaftsminister Rainer Brüderle sagte zu, dass die Regierung sich um die Tarifeinheit kümmern werde. Hundt argumentierte, falls die Tarifeinheit aufgekündigt werde, komme die gesamte Tarifautonomie ins Rutschen und die Tariflandschaft werde zersplittert. Er forderte Merkel auf, im "Herbst der Entscheidungen", den sie ausgerufen habe, auch dieses Thema durch eine gesetzliche Regelung im Sinne von Arbeitgebern und DGB-Gewerkschaften zu regeln. Ohne das Instrument wäre es nach Hundts Überzeugung in der jüngsten Krise nicht möglich gewesen, über betriebliche Bündnisse die Beschäftigung umfassend abzusichern.
Bei der Zeitarbeit will die Regierung offenbar ebenfalls auf die Arbeitgeber zugehen. Merkel betonte, das "Flexibilitätsinstrument Zeitarbeit" müsse erhalten bleiben. Allerdings beklagte sie Missbrauch in der Zeitarbeit, der abgestellt werden müsse. Hundt hatte vor einer schärferen Regulierung dieses Instruments gewarnt.
Die Arbeitgeber unterstützten es ausdrücklich, dass die Regierung der Haushaltssanierung Vorrang einräumt. Dies sei völlig richtig, sagte Hundt. "Es ist nicht die Zeit, jetzt neue Wohltaten zu verteilen." Er warnte die Regierung aber auch, für Arbeitnehmer und Arbeitgeber neue Belastungen und mehr Bürokratie zu schaffen.
Merkel verteidigt insbesondere die Gesundheitspolitik und die Entscheidung der Regierung, die Beiträge wieder, teils auch zu Lasten der Arbeitgeber, auf Vorkrisenniveau zu erhöhen. Letztlich sei die Gesundheitspolitik der Regierung arbeitgeber- und arbeitnehmerfreundlich.
Beim Thema Fachkräftemangel besteht laut Merkel in der Regierung noch Diskussionsbedarf. Die Kanzlerin betonte aber, dass trotz noch nicht ausgeschöpfter Arbeitskräftepotenziale im Inland auch über die Zuwanderung von Fachkräften gesprochen werden müsse. Brüderle ging einen Schritt weiter: Wer die Notwendigkeit der Zuwanderung gegen die Mobilisierung von Inlandspotenzialen ausspiele, versündige sich an den Zukunftschancen Deutschlands, sagte er. "Wir brauchen eine Zuwanderung in Qualität", forderte der Wirtschaftsminister. "Die jetzigen Regelungen reichen meines Erachtens nicht aus."