Asylpolitik Europa beschließt Asylrecht im Endspurt

Kurz vor der Erweiterung hat sich die EU auf ein gemeinsames Asylrecht verständigt. Nach jahrelangem Streit einigten sich die europäischen Innenminister überraschend auf die Drittstaatenregelung.

Genau 31 Stunden vor der EU-Erweiterung hat sich Europa ein gemeinsames Asylrecht gegeben. Vier Jahre schon hatten die Innenminister der 15 EU-Staaten über komplizierte Details ihrer Flüchtlingspolitik verhandelt, aber unmittelbar vor der Aufnahme von zehn neuen Ländern standen Otto Schily und seine Kollegen noch vor offenen Fragen. Quasi im Endspurt einigten sich die Ressortchefs am Donnerstag in Luxemburg dann aber selbst auf die umstrittene Drittstaatenregelung. Minister Schily war angenehm überrascht.

EU-Pläne wurden scharf kritisiert

Der Minister setzte eine Regelung durch, wie Deutschland sie im Umgang mit Asylbewerbern an der deutsch-polnischen Grenze schon lange praktizierte: «Wir brauchen keine Verfahren, wenn jemand aus einem sicheren Drittstaat kommt», argumentierte der Minister in Luxemburg. Wiederholt hatten Amnesty International und zahlreiche Flüchtlingsorganisationen die entsprechenden EU-Pläne kritisiert. Der ausdrückliche Verweis der neuen Richtlinie auf die Genfer Flüchtlingskonvention könnte dieser Kritik die Spitze nehmen.

Zwar schickten deutsche Grenzer bisher an der Oder ankommende Asylbewerber ohne Umschweife ins künftige EU-Land Polen zurück. Aber Polen wird an der künftigen EU-Außengrenze zu Weißrussland wegen der unsicheren Rechtslage im östlichen Nachbarland kaum ähnlich vorgehen können. Schily hegt auch bei der Ukraine und Russland gewisse Zweifel an deren Sicherheit. Die EU-Richtlinie zu den Asylverfahren schreibt jedenfalls klar vor, dass Leben und Freiheit der Flüchtlinge in einem sicheren Drittstaat nicht gefährdet sein dürfen.

Lebensgefährliche Fluchtwege

Lebensgefährlich ist für viele illegale Einwanderer nach wie vor der Fluchtweg: Immer wieder werden an Spaniens Stränden die Leichen von Menschen angeschwemmt, deren waghalsige Überfahrt aus Afrika tragisch endete. Und Kritiker fürchten einen weiteren Ausbau der «Festung Europa». Nach dem Besuch des libyschen Revolutionsführers Muammar el Gaddafi diese Woche in Brüssel sei nicht auszuschließen, dass auch dessen Regime eines Tages mit Nachtsichtgeräten und Schnellbooten europäischer Herkunft nach Flüchtlingen jagt.

Europas Innenminister treiben ihre Flüchtlingspolitik voran, obwohl die Zahl der Asylbewerber in den meisten EU-Staaten seit Jahren sinkt. Wie der luxemburgische Ressortchef Luc Frieden sind sie überzeugt, dass sie Probleme wie das so genannte Asylshopping in verschiedenen Ländern nur gemeinsam lösen können. Mit der Einigung bekommt Europas Asylpolitik neuen Schwung, denn nun können die EU- Staaten auf diesem Gebiet zu Mehrheitsentscheidungen übergehen. Und das erscheint angesichts der Erweiterung auch nötig: In einer Union mit 25 Ländern hätte ein Vetorecht viele Beschlüsse blockiert.

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Roland Siegloff/DPA