Nach dem tödlichen Messeranschlag in Solingen hat sich die Bundesregierung auf ein Asyl- und Migrationspaket zum Schutz vor islamistischem Terror, irregulärer Einwanderung und zur Verschärfung des Waffenrechts verständigt. Es enthalte "weitreichende" und "harte Maßnahmen", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Vorstellung des Paketes gemeinsam mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Anja Hajduk, Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) in Berlin.
Verschärfung des Waffenrechts
Es "wird ein generelles Umgangsverbot für gefährliche Springmesser im Waffenrecht eingeführt", heißt es in dem Ampel-Papier. Bestimmte Gruppen wie Jäger oder Handwerker würden ausgenommen. Bei Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten oder ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen werde ein "absolutes Messerverbot" erlassen. Im Fernverkehr der Bahn und anderer Anbieter solle ebenfalls "künftig ein generelles Messerverbot" gelten, teilte Faeser mit. Die Bundespolizei soll etwa an Bahnhöfen die Befugnis erhalten, "stichprobenartig verdachtsunabhängige Kontrollen durchzuführen".
Die Länder sollen die Möglichkeit erhalten, auch im Nahverkehr ein "komplettes Messerverbot" zu verhängen. Außerdem sollen die Anforderungen für einen Waffenschein erhöht werden, um sicherzustellen, dass Extremisten keinen Zugang zu Waffen und Sprengstoff haben.
Maßnahmen gegen gewaltbereiten Islamismus
In diesem Bereich verspricht die Regierung "Verbesserungen bei Aufklärung und Abwehr von islamistischem Extremismus". Dazu sollen die Sicherheitsbehörden weitreichendere Befugnisse erhalten. Ermittlungsbehörden erhalten demnach das Recht "zum biometrischen Abgleich von allgemein öffentlich zugänglichen Internetdaten ('Gesichtserkennung'), um die Identifizierung von Tatverdächtigen oder gesuchten Personen zu erleichtern". "Es ist ein gewisser Anachronismus, dass das bislang nicht erlaubt war", sagte Hajduk. "Insofern ist das eine wichtige und äußerst zeitgemäße Regelung, die wir da einführen."
Die Bundesregierung will außerdem eine "Task Force Islamismusprävention aus Wissenschaft und operativer Praxis" einsetzen und das Instrument des Vereinsverbots gegen islamistische Vereine weiter nutzen.
Strengeres Aufenthaltsrecht für Asylbewerber
Abschiebungen sollen erleichtert werden, indem die Schwelle für ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse abgesenkt wird. Dies soll bereits gegeben sein, wenn eine Straftat "unter Verwendung einer Waffe oder eines sonstigen gefährlichen Werkzeugs begangen worden ist" und künftig auch für Jugendliche gelten. Zudem sollen Justizminister Buschmann zufolge diejenigen den Schutzanspruch in Deutschland verlieren, die "ohne zwingende Gründe" in ihr Heimatland zurückreisen, etwa für einen Urlaub.

Eine Task Force von Bund und Ländern soll dazu beitragen, mehr Asylbewerber nach dem Dublin-Verfahren in die EU-Staaten zurückzuschicken, über die sie in die Europäische Union eingereist waren. Für solche Asylbewerber, für die andere EU-Staaten zuständig sind, sollen die Leistungen in Deutschland gekürzt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen soll für sie "der weitere Bezug von Leistungen in Deutschland ausgeschlossen werden". Damit soll der Druck zur Ausreise erhöht werden. Die bestehenden Möglichkeiten für Leistungskürzungen würden entsprechend erweitert. "Dabei gewährleisten wir einen menschenwürdigen Umgang mit allen Betroffenen", versicherte Faeser. "In Deutschland wird niemand verhungern und auch nicht auf der Straße schlafen."
Migranten sollen außerdem leichter vom Schutz in Deutschland ausgeschlossen werden können, wenn sie Straftaten begangen haben. "Zukünftig können auch die Schleusungsstrafbarkeit und Straftaten mit einem antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen, geschlechtsspezifischen, gegen die sexuelle Orientierung gerichteten oder sonstigen menschenverachtenden Beweggrund zum Ausschluss von der Schutzberechtigung führen", heißt es in dem Dokument.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
Die Bundesregierung bekräftigt darin auch ihre Absicht, auch Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien zu ermöglichen. Daran werde weiter intensiv gearbeitet.
Scholz will Gespräch mit Ländern und Union
Das Maßnahmenpaket solle nun so schnell wie möglich umgesetzt werden, sagte Faeser – jedenfalls nicht erst im nächsten Jahr. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zudem am Mittwoch Gespräche mit den Ländern und der Union als größter Oppositionskraft angekündigt. Eine Arbeitsgruppe, der Vertreter aller drei Ampel-Parteien angehören, soll nächste Woche erstmals zusammenkommen.
Der Anschlag von Solingen am vergangenen Freitag mit drei Toten und acht Verletzten hatte eine Debatte unter anderem über Verschärfungen des Waffenrechts und den Kurs in der Migrationspolitik ausgelöst.
Hinweis: Dieser Artikel wurde mehrfach aktualisiert.