Die Unionsfraktion im Bundestag will in den nächsten Jahren deutlich mehr Geld für Autobahnen und Bundesstraßen ausgeben – und eskaliert damit den Konflikt mit Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD). Es sei "nicht akzeptabel", dass Klingbeil nicht bereit sei, zusätzliche Gelder für die Autobahninfrastruktur zur Verfügung zu stellen, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten dem stern.
Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses verlangte entsprechende Korrekturen des Etatentwurfes für 2026, der ab dieser Woche im Bundestag beraten wird. Der Haushalt werde zwar vom Bundesfinanzminister vorgeschlagen, "aber von den Parlamentariern entschieden", sagte von Stetten.
Der Abgeordnete erinnerte den Koalitionspartner an die Entstehung des Sondervermögens in Höhe von 500 Milliarden Euro. "Als es notwendig war, die Schuldenbremse zu lockern, um die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes sicherzustellen, hat uns die SPD mit der Forderung nach weiteren Milliardenschulden für die Infrastruktur von Deutschland unter Druck gesetzt." Auch deshalb könne Klingbeil als SPD-Vorsitzender jetzt nicht die nötigen Gelder verweigern.
Autobahnen: Kritik auch von CDU-Mann Ploß
"Es ist niemandem zu vermitteln, dass wichtige Autobahnprojekte gestrichen werden sollen, obwohl diese teilweise sogar Baureife haben", sagte auch der Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß dem stern. Im Beschluss des Sondervermögens sei festgehalten, dass die Gelder zusätzlich in die Infrastruktur gehen sollen.
Das Thema soll an diesem Montagabend in der Sitzung der Unionsfraktion besprochen werden. Zuvor hatte CDU-Verkehrsminister Patrick Schnieder ein Defizit in Höhe von 15 Milliarden Euro für Autobahnen und Bundesstraßen beklagt. Ohne diese Gelder könnten zahlreichen Vorhaben, für die bis 2029 Baurecht erwartet werde, keine Genehmigung erteilt werden, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Klingbeil wies die Forderung in einem Brief an den "sehr geehrten Kollegen" kühl zurück. In dem Schreiben, das dem stern vorliegt, rechnete er vor, dass in dieser Wahlperiode 166 Milliarden Euro für Verkehrsinvestitionen geplant seien. Allein 2025 stünden 33,4 Milliarden Euro zur Verfügung, sieben Milliarden Euro mehr als im vergangenen Jahr.
Klingbeil verwies zudem darauf, dass Schnieder im Kabinett den Haushaltsentwürfen sowie dem Finanzplan bis 2029 zugestimmt habe. Zudem erwarte er einen Bericht darüber, wie schnell die bereits genehmigten Gelder abflössen.
Bis zu 74 Autobahnen betroffen
Laut einer regierungsinternen Liste sind 74 Neu- oder Ausbauvorhaben von Autobahnen und 99 Bauprojekte von Bundesstraßen gefährdet. Betroffen wären vor allem die A 20 in Norddeutschland, die A 1 in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, die A 39 in Niedersachsen sowie die A 44 in Hessen. Die Union will nun den Konflikt offenkundig verschärfen.

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"Ich fühle mich als Bundestagsabgeordneter diesem Versprechen aus voller Überzeugung verpflichtet", sagte Ploß, der Mitglied im Verkehrsausschuss ist. "Die aktuelle Planung muss dringend parlamentarisch korrigiert werden."
Auch die Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung, Gitta Connemann, erhöhte den Druck auf Klingbeil. "Der Aufschwung fährt auf der Straße", sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete dem stern. Vor allem im ländlichen Raum sei der Mittelstand auf den Güterverkehr angewiesen. "Unsere Betriebe zählen darauf, dass wir die Infrastruktur nicht nur sanieren, sondern auch aus- und neu bauen", erklärte Connemann, die zusätzlich als Vorsitzende der einflussreichen Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) amtiert.