Bahn-Attentäter Fingerzeige in alle Richtungen

Die Hausdurchsuchungen gehen weiter und die Gerüchteküche kocht über: Die Polizei fahndet weiter mit Hochdruck nach dem zweiten mutmaßlichen Kofferbomben-Attentäter. Offenbar ist der Mann nach Istanbul geflüchtet, Spuren weisen aber auch nach Essen, Hamburg und Köln.

Bei ihren Ermittlungen zum zweiten mutmaßlichen Bahn-Attentäter haben Polizei und Bundeskriminalamt am Mittwoch die Durchsuchung eines Hauses im Kölner Stadtteil Ehrenfeld fortgesetzt. Der Zugang zu dem Mehrfamilienhaus, in dem der 20-jährige Verdächtige wohnte, ist weiterhin abgesperrt. Nur Anwohner, die sich ausweisen können, dürfen das Gebäude betreten.

Drei Tage nach der Festnahme des ersten mutmaßlichen Kofferbomben-Attentäters hatten die Terrorfahnder am Dienstag auch den zweiten Hauptverdächtigen identifiziert. Seine Kölner Wohnung wurde von Beamten des Bundeskriminalamts durchsucht. Der Mann ist laut Generalbundesanwältin Monika Harms auf der Flucht.

Offizielle Angaben zur Fahndung macht die Polizei in Köln auch weiterhin nicht. Nicht bestätigen wollte sie etwa Informationen der "Bild"-Zeitung, wonach in der Wohnung Drähte und Werkzeuge sichergestellt worden seien. Ein Kölner Taxifahrer hat dem Bericht zufolge den entscheidenden Hinweis auf den jungen Libanesen geliefert. Der Taxifahrer habe den Verdächtigen anhand von Überwachungsfotos identifiziert.

Verdächtige flogen nach Istanbul

Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" hatten sich die beiden mutmaßlichen Attentäter sich nur Stunden nach ihrem versuchten Anschlag vor drei Wochen per Flugzeug nach Istanbul abgesetzt. Zumindest der flüchtige 20-Jährige solle von dort aus in den Nahen Osten geflogen sein, berichtet das Blatt unter Berufung auf Ermittler. Dort solle sich der Verdächtige immer noch aufhalten.

Die Namen der beiden Verdächtigen fanden sich nach Angaben der Zeitung auf einer Passagierliste eines Fluges nach Istanbul, der noch am Abend des 31. Juli Deutschland verließ. Warum der Verdächtige, der am Samstag in Kiel festgenommen worden war, nach Deutschland zurückgekehrt ist, sei unklar.

Medienbericht über Verbindungen nach Hamburg

Nach Angaben der "Neuen Rhein/Neuen Ruhr Zeitung" sollen bei einem Essener Autohändler Gasflaschen sichergestellt worden sein, die im Zusammenhang mit dem gescheiterten Attentatsversuch auf zwei Regionalzüge stehen könnten.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Nach einem Bericht des "Hamburger Abendblatts" führen Spuren auch nach Hamburg. Es gebe eine Verbindung des am Wochenende in Kiel festgenommen Mannes zu einem Deutsch-Marokkaner, der Anfang Juli am Hamburger Dammtor-Bahnhof festgenommen worden sei. Unter Berufung auf Sicherheitskreise schreibt das Blatt, die Männer sollten in Kontakt gestanden haben. Zudem solle es bereits im Juli Hinweise auf mögliche Anschläge auf Regionalbahnen gegeben haben.

Verbindungen zur "Partei der Befreiung"

Das persönliche Umfeld des Kölner Tatverdächtigen und des in Kiel festgenommenen libanesischen Studenten werde derzeit aufgeklärt, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Beide Männer sollen Ende Juli in zwei Regionalzügen in Nordrhein-Westfalen Kofferbomben deponiert haben, die wegen technischer Mängel jedoch nicht detoniert sind. Das Umfeld des in Kiel festgenommenen Libanesen soll Verbindungen zu der islamistischen und anti-israelischen Partei Hizb ut-Tahrir ("Partei der Befreiung") unterhalten. Das schrieb der Berliner "Tagesspiegel" unter Berufung auf deutsche Sicherheitskreise. Die Organisation war 2003 vom Bundesinnenministerium verboten worden.

Schäuble will Internet stärker kontrollieren

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich unterdessen erneut für schärfere Sicherheitsmaßnahmen aus. Der Wochenzeitschrift "Die Zeit" sagt er: "Wir müssen die Kontrolle des Internets verstärken. Dafür brauchen wir mehr Experten mit entsprechenden Sprachkenntnissen. Wir müssen auch die Kontrollen bei der Bahn und die Luftsicherheitskontrollen intensivieren. Insofern müssen wir auch in Haushaltsberatungen darüber nachdenken, was man zusätzlich tun kann." Die Verhaftung eines der mutmaßlichen Täter der gescheiterten Kofferbomben-Attentate sei kein Grund zur Entwarnung.

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) widersprach dem Vorschlag von Unionspolitikern, im Kampf gegen Terroristen bewaffnete Zug-Sheriffs einzusetzen. Der "Neuen Osnabrücker Zeitungsagte er, es müssten neue Möglichkeiten ausgelotet werden, die Sicherheit auf Flugplätzen, öffentlichen Plätzen und Bahnhöfen zu verbessern. Er halte viel davon, dazu mehr Mitarbeiter einzusetzen. "Allerdings sind bewaffnete Sheriffs der falsche Weg."

DPA
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