Berlin³ Gomez hat übrigens zwei Staatsbürgerschaften - was sein Rücktritt für die Rassismus-Debatte zeigt

Nach WM-Debakel: Netz reagiert mit Häme auf Gomez' Rücktritt: "Da will jemand noch einmal ins Rampenlicht"
Stürmer Mario Gomez ist aus der Fußball-Nationalmannschaft zurückgetreten. Das teilte der Angreifer des Bundesligisten VfB Stuttgart auf seiner Facebook-Seite mit. "Meine Zeit in der Nationalmannschaft war sportlich nicht immer einfach, nicht immer erfolgreich und doch wunderschön!", schreibt Mario Gomez in dem Post. Gomez bestritt 78 Länderspiele und erzielte 31 Treffer. Ein Hintertürchen für ein Comeback ließ er sich offen: "Nur wenn der Trainer in zwei Jahren bei der EM aus
unwahrscheinlichen Gründen Bedarf sieht und ich mich auch wirklich
noch in der Verfassung fühle, helfen zu können, werde ich dann
selbstverständlich bereitstehen."
Sein Abgang wird auf Twitter mit viel Häme kommentiert.
"Da will jemand noch einmal ins Rampenlicht, bevor er ohnehin nicht mehr nominiert worden wäre. Peinlich."
"'Gomes war noch Nationalspieler?"
"Oha. Gomez tritt zurück. Kommt ungefähr so überraschend,wie Löws Festhalten am Amt des Bundestrainers."
"Gomez trifft die Nation. Er hat ja sonst auch nichts getroffen."
"Und jetzt tritt auch noch Mario Gomez aus der Nationalmannschaft zurück. Fehlt nur noch, dass der Trump es ihm gleichtut."
Anders als Joachim Löw erkennt Mario Gomez die Zeichen der Zeit. Der "Chancentod" tritt ab. Ich war nie Fan von ihm, habe aber Respekt vor seiner Entscheidung."
"Der Chancentod tritt aus der Nationalmannschaft zurück! Ein guter Tag für den Fussball..."
Doch es gibt auch einige User, die ihm danken. 
"Danke für Identifikation, Einsatzbereitschaft, Leidenschaft, sowie die EM 2012. Beim #VfB hast du aber noch zu bleiben, sonst knallt es."
"Er wurde meist überhart und oft unsachlich kritisiert. Stand immer im Dienst der Mannschaft und blieb stets ein Sportsmann. Danke für die Zeit in der Nationalmannschaft, Mario Gomez!"
"@Mario_Gomez Danke für die tollen Jahre und noch viel Erfolg mit dem VfB!"
Ein Rücktritt aus der Nationalmannschaft, wie er sein muss: Der Abschied von Mario Gomez ist unverkrampft und fällt aus rein sportlichen Erwägungen. Auch Mario Gomez hat einen Migrationshintergrund - dass selbst rechte Dumpfbacken nicht darüber sprechen, ist ein gutes Zeichen für die aktuelle Debatte.

Es gibt einen Mario-Gomez-Witz  – und der geht so: Ein Angeklagter steht vor Gericht und wartet auf sein Urteil. Der Richter sagt: "Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Die schlechte zuerst – Sie werden erschossen!" Zaghaft fragt der Angeklagte: "Und was ist denn dann überhaupt noch die gute?" Daraufhin der Richter: "Mario Gomez wird schießen."

Hahaha. Gomez. Das ist der, der bei der EM 2008 gegen Österreich mal aus ein paar Metern das leere Tor nicht getroffen hat. Sie erinnern sich? Bestimmt!

Mario Gomez schießt nicht mehr. Jedenfalls nicht mehr für die deutsche Nationalmannschaft. Er hat seinen Rücktritt bekannt gegeben. Der gilt ab sofort, unverzüglich – es sei denn Jogi Löw sollte es sich für die EM in zwei Jahren noch einmal überlegen, weil es "aus unwahrscheinlichen Gründen Bedarf" im Sturm gebe, wie Gomez es in seiner Abschiedserklärung geschrieben hat. Das wäre dann eine schlechte Nachricht.

Mario Gomez beendet seine Karriere in der Nationalmannschaft
Mario Gomez beendet seine Karriere in der Nationalmannschaft
©  Alexander Hassenstein/Bongarts / Getty Images

Mario Gomez - Migrationshintergrund wie Özil

Eine richtig gute Nachricht aber scheint in diesen aufgeregten Zeiten der Özil-Debatte wie selbstverständlich hingenommen zu werden. Mario Gomez´ Rücktritt, sportlich wahrscheinlich ziemlich vernünftig, hat keine zweite Ebene. Nein, hat er nicht. Gomez geht. Schuss. Aus. Fertig. So einfach kann das Ende einer Nationalmannschaftskarriere sein.

Kein Rassismus-Vorwurf an den DFB, kein Lamento, dass man ihn nur in guten Zeiten für voll genommen habe, das er aber jederzeit der Sündenbock gewesen sei, wenn‘s mal nicht so lief. Der Immigrant. Und kein halbwegs vernünftiger Mensch käme auf die Idee, das alles zu vermuten.

Abseits!  – werden jetzt bestimmt einige rufen. Da will einer die Fälle Özil und Gomez miteinander vergleichen, aber Gomez ist doch.... Ja, was? Stimmt. Er ist in Deutschland geboren. Aber das ist Mesut Özil ja auch. Mario Gomez hat einen andalusischen Vater – das reicht allemal für die Kategorie: Migrationshintergrund.  Gomez besitzt überdies noch die spanische Staatsbürgerschaft, Özil hat die türkische zu Gunsten der deutschen abgelegt.

Gomez musste all die Jahre viele Buhrufe einstecken

Schon merkwürdig, wie da mit zweierlei Maß gemessen wurde, und zwar jahrelang -  oder nicht? Die Kurve im Stadion ist ja in der Regel gnadenlos, die Heimat für "Political Correctness" ist sie jedenfalls nicht. Und Gomez wurde in all den Jahren seiner Karriere nicht zu knapp ausgepfiffen. Aber niemals gab es bei all den Unmutsbekundungen auch nur irgendeinen Verweis auf seinen Migrationshintergrund.  Man kann vielleicht sagen: Mario Gomez war so selbstverständlich integriert, dass man gar nicht erst auf die Idee kam, ihn mit irgendwelchen Integrationspreisen zu bedenken.

Schön ist das. Und richtig. Und so, wie man sich eine bessere Welt, im Fußball und im restlichen Leben, wünscht. Eine gute Nachricht. Die Zeiten in diesem Land sind ja solange auch noch nicht vorbei, da man Italiener "Spaghettifresser" genannt hat und vor Spaniern wegen deren Heißblütigkeit gewarnt hat.  Auf so etwas käme heute nicht mal mehr der tumbste Nazi, ohne Gefahr zu laufen, sich lächerlich zu machen. Die Zeiten, sie haben sich geändert. Das sollte man an so einem Tag auch mal feststellen dürfen. Wäre schön, wenn es in Fällen wie dem von Mesut Özil und der Türkei so weiterginge.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Das Ding gegen Österreich hätte er trotzdem reinmachen müssen!

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