Der Bundespräsident selbst schweigt zum Thema Wiederwahl im Mai 2009 beharrlich, freut sich nach eigenen Worten jetzt erst einmal auf die zweite Hälfte seiner derzeitigen Amtszeit - "und dann sehen wir weiter." Horst Köhlers Chancen auf weitere fünf Jahre im Schloss Bellevue stehen - theoretisch - nicht schlecht. CDU, CSU und FDP können "ihren" 2004 durchgesetzten, ihnen inzwischen allerdings etwas entfremdeten Präsidenten kaum fallen lassen, zumal er sich bei den Wählern mit über 70 Prozent Zustimmung hoher Popularität erfreut. SPD, Grüne und Linke dürfen zwar in der kommenden Bundesversammlung auf mehr Wahlmänner wie beim letzten Mal hoffen, da die Unionsparteien bei den kommenden Landtagswahlen mit Stimmverlusten rechnen müssen. Die Zweidrittel-Mehrheit in Bayern dürfte sich ebenso wenig verteidigen lassen wie die absolute Mehrheit in Hessen. Aber auch dann dürfte ein Zweier-Bündnis von SPD und Grünen in der Bundesversammlung - 2009 schätzungsweise 1220 Wahlmänner - nicht genügend Stimmen haben, um einen eigenen Kandidaten sicher durch zu bringen. Dafür dürften Dreier-Koalitionen notwendig sein - Schwarz-Gelb-Grün oder Rot-Grün-Gelb.
Doch vielleicht bedarf es 2009 derartiger Farbenspielereien nicht, weil Horst Köhler gar nicht zur zweiten Amtszeit antritt. Wie vor ihm Gustav Heinemann, Walter Scheel, Karl Carstens, Roman Herzog und Johannes Rau. Denn wie aus dem engsten familiären Freundeskreis bestätigt wird, lehnt Eva Luise Köhler bislang eine zweite Runde energisch ab. Jetzt endlich müssten Privatheit und Familie Vorrang vor dem öffentlichen Leben bekommen. Seit 43 Jahren sind die Köhlers zusammen, verheiratet seit 1969. Und wer Eva Köhlers Einfluss auf ihren Mann kennt, muss ihr Veto ernst nehmen. Sie ist ihm bis heute stets der entscheidende Halt im gemeinsamen Leben gewesen und der Bundespräsident zögert nicht mit einem bemerkenswerten Geständnis: "Meine Frau hat manchmal mehr Klugheit als ich."
Hans Peter Schütz
Worüber redet das politische Berlin, wenn die Kameras ausgeschaltet sind? stern-Autor Hans Peter Schütz hört hin und notiert wöchentlich den neuesten Tratsch aus der Hauptstadt - exklusiv auf stern.de lesen Sie seine Kolumne "Berlin vertraulich!"
Ehe und Familie sind im bewegten Leben des Horst Köhler in der Tat stets zu kurz gekommen. Der Aufstieg war mit fortwährenden Umzügen, Trennungszeiten und stetigen neuen beruflichen Höchstbelastungen verbunden. Als er mit seiner Frau in Boston weilte, wo Ärzte die Frage prüften, ob die allmähliche Erblindung der Tochter Ulrike aufzuhalten sei, musste er vorzeitig nach Bonn zurück, um das Amt des Finanz-Staatssekretärs zu übernehmen. Das Ärzte-Urteil "unheilbar" konnte ihm seine Frau nur per Telefon übermitteln, wenige Stunden vor Antritt des neuen Jobs. Schon mit 17 wurde Köhlers Sohn Jochen selbst Vater. Ein "Schock" sei das für Köhler gewesen, wie sein Biograf Gerd Langguth berichtet. Der arbeitswütige Köhler räumt ein, dass er in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung nicht mitbekommen habe, wie sein Sohn in dieser Zeit einen halben Meter gewachsen sei. Die Sehnsucht von Eva Köhler nach mehr Familie wenigstens jetzt ist verständlich.
Erstaunlich, wie sich in der SPD immer mehr auf einen klaren personellen Neubeginn nach der nächsten Bundestagswahl einstellen. An einen Kanzler Kurt Beck glaubt so gut wie niemand. Franz Müntefering will dann aufhören, was vor allem die SPD-Linke gerne sieht. Fraktionschef Peter Struck, gesundheitlich nach zwei Herzinfarkten schwer angeschlagen, geht nach dieser Legislatur ebenfalls in Pension. Ulla Schmidt, ätzt ein Gesundheitsexperte, "könne wir dann doch nicht mehr anbieten, wenn die desaströsen Folgen der Gesundheitsreform sichtbar geworden sind." Nachfolger? Wenige in Sicht. Das ist die Chance, auf die Umweltminister Sigmar Gabriel setzt. Er will dann, wie er vor Vertrauten offen einräumt, Fraktionsvorsitzender werden. Nur ein Problem sieht er dabei: "Ich will nicht schon heute für diesen Posten genannt werden." Frage: Weshalb redet er dann darüber?

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
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Aber vermutlich besitzt jeder Politiker ein ganz persönliches Rezept dafür, wie man ganz an die Spitze gelangt. FDP-Chef Guido Westerwelle zum Beispiel hat seine Karriereregel von Altmeister Hans-Dietrich Genscher einst persönlich bekommen. Der sagte dem damaligen FDP-Nachwuchsmann bei einem Erdbeerkuchenessen: "Hüten Sie sich vor den Leute mit den verkniffenen Gesichtern!" Womit wir wissen, weshalb der Guido stets nur strahlt.
Immer wieder staunen die Besucher von Oskar Lafontaine, weshalb im Büro des Chefs der Linksfraktion ein Bild von Papst Benedikt hängt, was selbst dann nicht selbstverständlich ist, wenn man bedenkt, dass der Oskar einst in eine Klosterschule ging. Noch verblüffender: Neben dem Papst hängt ein Konterfei von Walter Ulbricht. Wie passt das nur zusammen? Gar nicht, sagt Lafontaine, "die Kombination ist meiner Ironie geschuldet."