BND-Spitzelbericht Regierung kündigt Konsequenzen an

Die Bespitzelung von Journalisten durch den BND wird Folgen haben, wie die Bundesregierung ankündigt. Einige Reporter versuchen derweil die Veröffentlichung des "Schäfer-Berichts" zu verhindern.

Die Bundesregierung will in der nächsten Woche Konsequenzen aus der Bespitzelung von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst (BND) vorschlagen. Das Kanzleramt arbeite an einer "umfassenden Bewertung zu allen Aspekten und Folgerungen" aus der Affäre, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm.

Das Papier solle dem geheim tagenden Bundestagsausschuss zur Kontrolle der Geheimdienste (PKG) bis zu seiner Sitzung am Mittwoch vorgelegt werden. Das Parlamentarische Kontrollgremium will sich dann auch mit der Veröffentlichung eines Geheimberichts befassen, in dem die Vorwürfe gegen den BND dokumentiert sind.

Bis Herbst 2005 Journalisten vespitzelt

In seinem Bericht an das PKG wirft der frühere Bundesrichter Gerhard Schäfer dem BND vor, bis Herbst 2005 Journalisten als Spitzel eingesetzt zu haben, um undichte Stellen in den eigenen Reihen aufzuspüren. Das PKG hatte die Offenlegung des Berichts beschlossen, zugleich aber Schäfer beauftragt, bis Mittwoch Stellungnahmen der Betroffenen einzuholen.

Eine vom Kanzleramt als zuständiger Aufsichtsbehörde beim BND angeforderte Stellungnahme zum Schäfer-Bericht liege inzwischen vor, sagte Wilhelm. Zum Inhalt wolle er sich nicht äußern. Zu Beginn der Woche hatte die Bundesregierung als erste Konsequenz aus der Affäre angeordnet, dass der BND keine Medienvertreter mehr als Quellen anwerben oder führen darf. Die Weisung wurde auf die Inlandsgeheimdienste Verfassungsschutz und Militärischer Abschirmdienst (MAD) ausgeweitet.

Haben BND, MAD und Verfassungsschutz zusammengearbeitet

Der soll, so der Geheimdienstexperte und vom BND bespitzelte Journalist Erich Schmidt-Eenboom im ARD-Magazin "Monitor" verbotenerweise mit dem BND und dem bayerische Verfassungsschutz zusammengearbeitet haben. "Die Observanten des BND haben sich einmal in der Woche in einem Münchener Restaurant mit ihren Kollegen vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz und dem Militärischem Abschirmdienst getroffen. Zweck dieser Zusammenkunft war festzulegen, wer für den Anderen ihm jeweils verbotene Aufträge im Bereich der Observation und Lauschmaßnahmen erledigt. Damit wurde die vom Gesetzgeber festgeschriebene Trennung der Nachrichtendienste auf der Arbeitsebene ausgehebelt", so Schmidt-Eenboom, der sich auf die Äußerungen eines BND-Mitarbeiters beruft.

Die Geheimdienste sind nach dem Gesetz streng voneinander getrennt. Eine Kooperation dieser Dienste wäre gesetzlich verboten und damit illegal.

Im Sender Phoenix hat Schmidt-Eenboom zudem Vorwürfe an die ehemalige Führung des BND erhoben. Bespitzelung des Geheimdienstexperten durch den Nachrichtendienst ist offenbar von oberster Stelle angeordnet worden. "In meinem Fall gab es zwischen 1993 und 1996 drei verschiedene Phasen der Observation, die auf Präsidentenweisung eingeleitet oder gestoppt wurden", sagte er.

"Keine Genehmigung zur Journalisten-Bespitzelung"

Der ehemalige Geheimdienstkoordinator im Bundestag, Bernd Schmidbauer, bestätigte in der Sendung "Phoenix-Runde" zwar, dass es Medienkontakte und Kontakte zu Journalisten gegeben habe, doch eine Genehmigung zur Bespitzelung habe es nicht gegeben. Weiter sagte er, man müsse differenzieren zwischen Bespitzelung und Kooperation.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Dass die Journalisten ohne Wissen von ganz oben, also etwa des Kanzleramts ausgespäht worden seien bezweifelt allerdings der Sonderermittler in der Affäre, Gerhard Schäfer. Beim "Gewicht des Vorgangs" sei dies schwer verständlich, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".

Unterdessen mehren sich die Stimmen, die sich gegen die Veröffentlichung des geheimen "Schäfer-Berichtes" wehren wollen. Einige Journalisten denken sogar über eine Klage gegen die Offenlegung nach. Erich Schmidt-Eenboom sagte: "Zur Not werde ich rechtliche Schritte gegen die Offenlegung des Berichts einlegen". Er und die anderen betroffene Journalisten fürchteten einen Eingriff in ihre Privatsphäre. "Es kann doch wohl kaum sein, dass der BND mich jahrelang bespitzelt und mein Institut beobachtet und Kollegen über mich aushört, und dann am Ende alle Details einfach an die Öffentlichkeit kommen."

SPD-Fraktionschef Peter Struck wirbt dagegen für die Veröffentlichung des Berichts und entlastete die jetzige BND-Führung von jeder Verantwortung für die Aktionen. Vor einer Veröffentlichung sollten aber alle Betroffenen noch einmal von Schäfer gehört werden. Struck sagte, die in dem Bericht beschriebenen Aktivitäten des BND und auch der Journalisten, die gegen Geld und gegen andere Informationen mit Nachrichten handelten, seien "unappetitlich". Mit der Veröffentlichung solle auch das absolut berechtigte Bestreben des BND deutlich gemacht werden, undichte Stellen in seinem Haus zu finden.

AP · DPA
Mit Reuters/AP/DPA