So spannend war es noch nie: Wer aus der brandenburgischen Landtagswahl am 19. September als Sieger hervorgeht, wird sich wohl erst auf der Zielgeraden entscheiden. Dabei scheint nach jüngsten Umfragen nur eines ziemlich sicher: Die PDS dürfte mit mehr als 25, vielleicht gar 30 Prozent ihr bestes Ergebnis erreichen und könnte stärkste Partei werden. Zumindest lag die regierende SPD wenige Tage vor dem Urnengang teilweise hinter den Linkssozialisten. Ihr bisheriger Koalitionspartner CDU rangierte nach einem Zwischenhoch im Frühjahr auf Rang 3 mit etwa 23 Prozent. Das Land zwischen Elbe und Oder könnte damit bundesweit das erste mit einer PDS-geführten Regierung werden. Fast war Brandenburgs Spitzname vergessen, jetzt ist er plötzlich wieder da: "kleine DDR".
Die SPD steht derzeit im "härtesten Wahlkampf seit der Wende" - so bläut es ihr Vorsitzender, Ministerpräsident Matthias Platzeck, den Mitgliedern mobilisierend ein, damit die Partei wenigstens stärkste politische Kraft bleibt. Vor fünf Jahren war es noch um die Rettung der absoluten Mehrheit gegangen. Das schafften die Sozialdemokraten nicht: Sie sackten nach gut 54 Prozent der Stimmen (1994) auf 39,3 Prozent und konnten somit nicht mehr allein regieren. Heute bekämen sie laut Umfrage nur noch knapp 30 Prozent.
Zitterpartie für die Grünen
Für die Grünen (4 bis 6 Prozent) bleibt die ersehnte Rückkehr ins Landesparlament auf dem Potsdamer Brauhausberg wohl bis zum Schluss eine Zitterpartie. Die FDP fiel nach deutlich hoffnungsvolleren Werten auf 2 Prozent zurück und rangierte zuletzt wieder bei 5 Prozent (ZDF-Politbarometer). Der Wiedereinzug der rechtsextremen DVU (nach Umfragen 4 bis 6 Prozent), die auch von den Protesten gegen die Hartz-IV-Arbeitsmarktreform profitierte, kann wohl am ehesten durch eine hohe Wahlbeteiligung verhindert werden. Die ist aber nach Ansicht von Wahlforschern fraglich.
Straßen und Plätze sind unterdessen mit Wahlplakaten buchstäblich zugepflastert. Nach der Niederlage bei den Kommunalwahlen im Oktober 2003 (23,5 Prozent) setzt die SPD massiv auf die Zugkraft Platzecks mit dem Slogan: "Einer von uns". Dem 50-Jährigen wollen CDU- Landeschef Jörg Schönbohm sowie PDS-Spitzenkandidatin Dagmar Enkelmann das Amt des Regierungschefs streitig machen.
Am glattesten käme eine neue Koalition zustande, wenn sich die SPD als stärkste Kraft ihren Partner zwischen CDU und PDS aussuchen könnte. Jedes andere Bündnis mit der SPD als schwächerem Mitspieler würde die Partei vor eine Zerreißprobe stellen und den Abgang Platzecks als Ministerpräsident bedeuten.
Hartz IV steht rot-roter Annäherung im Weg
Während sich die SPD mit der CDU eher bei der Finanz-, Wirtschafts- und Innenpolitik einigen könnten, gäbe es mit der PDS mehr Gemeinsamkeiten im Bildungs- und Umweltbereich. Einer rot-roten Annäherung steht aber der Streit um Hartz IV entgegen. So deutet einiges auf die Neuauflage der rot-schwarzen Koalition hin - selbst wenn sie aus Wahlverlierern bestünde.