BUNDESPARTEITAG Premiere und Routine

Sie kam schon zu solchen Veranstaltungen, als die jüngste Delegierte, die 17-jährige Sarah aus Fulda, noch gar nicht geboren war: Mit 74 Jahren ist Gudrun Weyel die älteste Delegierte beim Nürnberger SPD-Parteitag.

Für die eine ist es eine aufregende Premiere, für die andere eine Routineveranstaltung. Mit 74 Jahren ist Gudrun Weyel aus Diez im SPD-Bezirk Rheinland/Hessen-Nassau die älteste Delegierte beim Nürnberger Bundesparteitag. Sie kam schon zu solchen Veranstaltungen, als die jüngste Delegierte noch gar nicht geboren war: Sarah Stein ist 17 - und steht mit roten Wangen vor dem Plenarsaal. Interviews findet sie klasse, den Parteitag aufregend.

Aber der Teenager aus dem hessischen Fulda (SPD-Bezirk Hessen- Nord) nimmt die Sache auch sehr ernst und will alles richtig machen, vor allem wenn über so happige Themen wie ein deutscher Militäreinsatz und die Folgen der Terroranschläge debattiert wird. »Es sind schwierige Entscheidungen, und ich versuche halt, mich damit zu beschäftigen und mir eine Meinung zu bilden, was aber nicht ganz einfach ist«, sagt sie der Hörfunkagentur dpa/Rufa. Durch die Ereignisse des 11. September sei sie »auch ein Stück weit aus ihrer kindlichen Naivität gerissen« worden. Sie sammele jetzt ständig Informationen, um zu begreifen, was da passiert ist.

Tipps von der alten Dame

Die alte Dame gibt ihr einen Tipp: »Such? Dir nicht nur Informationen über das, was heute passiert. Sondern versuche, mit Leuten zu sprechen, die den Krieg und die Folgen selbst erlebt haben.« Gudrun Weyel selbst erlebte als Schülerin die letzten Kriegsjahre im Gebiet des heutigen Tschechien. Was jetzt in Afghanistan stattfinde, sei eine Strafaktion für einen Terroranschlag. Das sei auch richtig so, der Begriff Krieg würde hier nicht greifen, meint die 74-Jährige. Probleme mit der

Linie der Bundesregierung hat sie also nicht.

Auch Sarah Stein unterstützt den Kurs von Bundeskanzler Gerhard Schröder. »Ich sehe keine andere Möglichkeit, wie man vorgehen könnte«, sagt die 17-Jährige, die seit April 2000 der SPD angehört.

Seit 1962 Parteimitglied

Gudrun Weyel ist schon seit 1962 in der Partei, von 1980 bis 1994 saß sie im Bonner Bundestag. Parlamentarierin wäre sie vielleicht noch heute, hätte ihr Rudolf Scharping nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht. »Er hat ja 1994 als Kanzlerkandidat ohne Wahlkreis kandidiert, wurde mir dann aber auf der Liste sozusagen auf den Wahlkreis angerechnet. Und deswegen verlor ich meinen Listenplatz«, erinnert sich die gestandene Sozialdemokratin etwas wehmütig.

»Sie ernten, was wir gesät haben«

Ob Sarah Stein jemals mit Politik ihr Geld verdienen wird, steht noch in den Sternen. Priorität hat jetzt erstmal das Abitur. Sollte sie eine Parteikarriere einschlagen, wird sie es in einer Beziehung leichter haben als ihre Vorgängerinnen, prognostiziert jedenfalls die erfahrene Genossin. Stichwort Frauenpower: In der Männerwelt hätten »die jungen Dinger« doch keine Probleme mehr, freut sich Gudrun Weyel, denn: »Sie ernten, was wir gesät haben.«