Deutschland schiebt zum zweiten Mal seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 afghanische Staatsangehörige in ihr Herkunftsland ab. Wie eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums von Alexander Dobrindt (CSU) bestätigte, ist an diesem Morgen ein Flugzeug vom Flughafen in Leipzig aus mit 81 Menschen an Bord gestartet, um diese in ihr Herkunftsland zurückzubringen.
Es handele sich um "schwere und schwerste Straftäter, die abgeschoben werden", sagte Dobrindt am Freitagmorgen nach dem Start der Maschine im ARD-"Morgenmagazin". Der Innenminister lobte "die enge Zusammenarbeit von Auswärtigen Amt, Innenministerium und Kanzleramt", die den Flug möglich gemacht habe. Der Flug erfolge "unter Zuhilfenahme der strategischen Sicherheitspartnerschaft mit dem Emirat Katar".
Ende August vergangenen Jahres waren zum letzten Mal afghanische Straftäter abgeschoben worden – mit Hilfe des Golfemirats Katar wurden 28 Männer ebenfalls von Leipzig aus in ihr Herkunftsland zurückgebracht. Katar hatte bereits in der Vergangenheit zwischen dem Westen und den Taliban vermittelt.
Merz-Regierung hat Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien angekündigt
Der erste Abschiebeflug seit Antritt der schwarz-roten Regierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) startete unmittelbar vor Beginn eines Treffens von Dobrindt und mehreren EU-Kollegen auf der Zugspitze, bei dem es um eine Verschärfung der EU-Asylpolitik gehen soll.
Nach Gewalttaten in Mannheim und Solingen hatte die Ampel-Regierung im vergangenen Sommer angekündigt, Abschiebungen auch nach Afghanistan wieder möglich zu machen. Es blieb bei dem einen Flug.
Nach der Neuwahl in diesem Jahr und wenige Wochen vor dem Antritt der neuen Regierung versprach der heutige Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) bei "Bild" auf Nachfrage regelmäßige Abschiebeflüge nach Afghanistan und Syrien. Darauf könnten sich die Deutschen verlassen. Das werde man "dauerhaft und in wesentlich größeren Bereichen auch hinbekommen".
Dobrindt will direkte Vereinbarungen mit Afghanistan
Doch die Durchführung gestaltet sich bis heute schwierig: Deutschland unterhält zu den islamistischen Taliban in Kabul keine diplomatischen Beziehungen. Die Gruppe ist insbesondere wegen ihrer Missachtung von Menschen- und vor allem Frauenrechten international isoliert. Man erkenne das Regime nicht als rechtmäßige Regierung an, Deutschland habe nur auf technischer Ebene über ein Verbindungsbüro in Katar Kontakt zu den dortigen Machthabern, hatte Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) kürzlich gesagt. "Das war es, und das ist es."
Dobrindt bekräftigte, dass aus seiner Sicht Gespräche mit den Taliban nötig sind: "Wenn man auch daran denkt, dass wir in der Zukunft weiterhin Abschiebungen nach Afghanistan ermöglichen wollen, dann muss man eben auch diese Kontakte haben, muss man diese Gespräche führen. Das ist unterhalb der diplomatischen Beziehungen, aber diese Gespräche werden geführt werden müssen", sagte er.

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Die Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen der Vereinten Nationen lehnen die Pläne ab. Die Bedingungen vor Ort seien noch nicht für Rückführungen geeignet, sagte Arafat Jamal, der Vertreter des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Kabul damals in Reaktion auf Dobrindts Aussagen. Die Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros, Ravina Shamdasani, wies auf laufende Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan hin, wie etwa Hinrichtungen oder die Unterdrückung von Frauen.
Hinweis: Diese Meldung wurde aktualisiert.