Krieg in der Ukraine Bundestag unterstützt Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine

Krieg in der Ukraine: "Scholz beantwortet nur Fragen, die nicht gestellt worden sind": Waffenlieferungen sorgen für hitzige Debatte
Sehen Sie im Video: Hitzige Bundestagsdebatte über Waffenlieferungen an die Ukraine.




Dieser Beitrag wird ohne Sprechertext gesendet. O-Ton Friedrich Merz (CDU), Fraktionsvorsitzender: "Der Bundeskanzler, der Bundeskanzler hat über Wochen die Diskussion über die Frage, ob der Ukraine denn nun Waffen geliefert werden sollten oder nicht, hingehalten, offen gelassen, ausweichend beantwortet. Ich erinnere nur an die Regierungsbefragung, die wir vor drei Wochen hier hatten. Der Bundeskanzler hat alle Fragen beantwortet, die ihm nicht gestellt worden sind. Und keine einzige Frage von denen beantwortet, die wir ihm gestellt haben. Meine Damen und Herren. Das Problem für den Bundeskanzler war und ist nicht die Opposition. Das Problem für den Bundeskanzler war und ist bis zum heutigen Tag die Kritik aus den eigenen Reihen. Wir haben doch alle diese, wir haben doch alle diese schrecklichen Bilder vor Augen und sie beschweren uns doch jeden Tag. Die Bilder dieser Menschenrechtsverletzungen, die Bilder aus diesem Kraftwerk, aus diesem Stahlwerk da in Mariupol. Das sind doch furchtbare Bilder. Aber gerade weil wir diese Bilder vor Augen haben, müssen wir doch heute sagen: Einem Aggressor wie Putin und seinem Machtapparat muss man dann in einer solchen Situation auch als Ultima Ratio mit militärischer Gewalt begegnen. Es geht nicht anders in einer solchen Situation." O-Ton Lars Klingbeil (SPD), Parteivorsitzender: "Und ich habe ja eigentlich auf meinem Zettel draufstehen, ich habe hier eigentlich auf meinem Zettel draufstehen Dank an die Union, weil Herr Merz, und ich muss Ihnen das in aller Emotionalität auch sagen, das hätte heute eine staatspolitische Rede von Ihnen werden können. Es ist aber, es ist eine parteipolitische Rede geworden. Sie haben zu Ihren eigenen Leuten gesprochen, und ich will Ihnen sagen, Herr Merz, ich bin dankbar dafür, dass wir einen gemeinsamen Antrag auf den Weg gebracht haben. Ein Dank an die vier Fraktionen und die Vorsitzenden. Aber hier ist kein Platz für parteipolitische Profilierung. Lieber Herr Merz, diejenigen, die am Antrag mitgeschrieben haben, die haben nach dem Prinzip gehandelt: Erst das Land, dann die Partei. Und ich hätte mir gewünscht, dass diejenigen, die ihre Rede geschrieben haben, auch nach diesem Grundsatz die Rede aufgeschrieben hätten." O-Ton Dietmar Bartsch (Die Linke), Fraktionsvorsitzender: "Unter anderem mit der Angst vor einem Atomkrieg hat der Bundeskanzler die Lieferung schwerer Waffen ausgeschlossen, und zwar zu Recht. Meine Damen und Herren, und deswegen verstehe ich überhaupt nicht, dass 72 Stunden später die Verteidigungsministerin das Gegenteil verkündet. Deutschland liefert schwere Waffen in die Ukraine. Meine Damen und Herren, das heißt jeden Tag eine Kehrtwende. Ich komme da nicht mehr mit. Und das geht vielen Menschen in unserem Land so, dass sie da nicht mehr mitkommen. Wir erleben ein Kommunikationsdesaster der Ampel. Ist das die Führung, Herr Klingbeil, die Olaf Scholz versprochen hat und die man bei ihm bestellen kann? Sie haben die Schattenminister Hofreiter und Strack-Zimmermann, die führen eine Parallel-Diplomatie. Das ist die Lage der Ampel. Wenn ich den Antrag lese, muss ich, muss ich dem Bundeskanzler sagen: Es tut mir leid. Die Jungs und Mädels, die haben sich tatsächlich durchgesetzt. Das ist die Wahrheit. Und in Ihrem Antrag machen Sie jetzt sogar China mit zu einer Konfliktpartei. Wollen Sie wirklich damit etwa für Frieden sorgen, wenn Sie China in dem Antrag aufführen? Nein, das ist das Gegenteil. Herr Scholz tut doch genau das jetzt, was andere gewollt haben."
Der Bundestag hat mit einem gemeinsamen Antrag der Union und der regierenden Ampel-Parteien für eine Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine gestimmt. Zuvor lieferten sich die Parteien einen harten Schlagabtausch.

Der Bundestag hat Donnerstag mit einem gemeinsamen Antrag der Union und der regierenden Ampel-Parteien für eine Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine gestimmt. Mit großer Mehrheit von 586 Stimmen forderten die Abgeordneten die Bundesregierung auf, die "Lieferung benötigter Ausrüstung an die Ukraine fortzusetzen und wo möglich zu beschleunigen und dabei auch die Lieferung auf schwere Waffen und komplexe Systeme etwa im Rahmen des Ringtausches zu erweitern". Die Fähigkeiten Deutschlands zur Bündnisverteidigung dürften dabei nicht gefährdet werden. Mit Nein stimmten 100 Abgeordnete, 7 enthielten sich.

Bundestag unterstützt sämtliche Maßnahmen

Die Bundesregierung erhielt auch ausdrückliche Rückendeckung für alle bisher ergriffenen Schritte, darunter die Sanktionen gegen Russland, Hilfe bei Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen und den Umbau der Infrastruktur in Deutschland, um nicht mehr auf russische Energielieferungen angewiesen zu sein. "Der Deutsche Bundestag verurteilt den brutalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine aufs Schärfste. Russland bricht damit das internationale und humanitäre Völkerrecht auf eklatante Weise und versucht, die europäische Friedensordnung dauerhaft zu zerstören", heißt es in dem Antrag.

In der Debatte zuvor hatten sich die Parteien einen harten Schlagabtausch geliefert. Unionsfraktionschef Friedrich Merz warf in seiner Rede Kanzler Olaf Scholz vor, über Wochen die Frage offen gelassen zu haben, ob die Ukraine denn nun Waffen erhalten solle. "Das ist Zögern, das ist Zaudern und das ist Ängstlichkeit."

Friedrich Merz: Scholz zeigt Schwäche

Merz kritisierte eine Äußerung von Scholz, der in einem Interview gesagt hatte: "Manchen von diesen Jungs und Mädels muss ich mal sagen: Weil ich nicht tue, was Ihr wollt, deshalb führe ich." Gemeint gewesen seien offenbar die drei Vorsitzenden der Ausschüsse für Auswärtiges, Verteidigung und Europa - Michael Roth (SPD), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Anton Hofreiter (Grüne). Diese waren Mitte April in die Westukraine gereist. "Mitglieder des Deutschen Bundestages herablassend mit Jungs und Mädels zu bezeichnen, das ist auch für einen Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland völlig inakzeptabel", rief der Oppositionsführer.

"Einfach nur das Gegenteil von dem zu tun, was Mitglieder des Deutschen Bundestages für richtig halten, ist auch kein Ausdruck von Führung." Dieser Sprachgebrauch sei "eher ein Zeichen von Unsicherheit und von Schwäche". Äußerungen von Scholz, die Lieferung deutscher Waffen würden möglicherweise einen dritten Weltkrieg auslösen, nannte Merz "ebenso unverantwortlich wie aus unserer eigenen historischen Erfahrung heraus falsch und irreführend".

SPD-Chef Lars Klingbeil: kein Platz für parteipolitische Profilierung

Nach dieser Art Generalabrechnung konterte SPD-Chef Klingbeil: "Das hätte heute eine staatspolitische Rede von Ihnen werden können. Es ist aber eine parteipolitische Rede geworden." Er sei dankbar dafür, dass die Ampel-Fraktionen und die CDU/CSU einen gemeinsamen Antrag auf den Weg gebracht hätten, sagte Klingbeil. "Aber hier ist kein Platz für parteipolitische Profilierung." Der Antrag richte das klare Signal an Kreml-Chef Wladimir Putin und an die Menschen in der Ukraine, "dass wir auf der richtigen Seite der Geschichte als Deutscher Bundestag stehen".

dpa
tis