Soldaten der Bundeswehr sollen sich im Zuge von Terrorermittlungen in Bosnien-Herzegowina mit falschen Identitäten Informationen verschafft haben. Wie das Internetportal "tagesschau.de" berichtete, haben sich Soldaten der Bundeswehr bei der Ehefrau eines Guantanamo-Häftlings als Journalisten ausgegeben und auf diese Weise nachrichtendienstliche Ermittlungen angestellt. Das Verteidigungsministerium bestätigte auf Anfrage, das in dem Fall interne Untersuchungen aufgenommen worden seien. Sollten Soldaten gegen Vorschriften verstoßen haben, würden sie zur Verantwortung gezogen, sagte ein Sprecher.
Soldaten ermittelten in Bosnien
Nach Angaben von "tagesschau.de" bekam Anela Kobilica, deren Mann im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba inhaftiert ist, in ihrer Heimat Bosnien-Herzegowina im Juli 2003 Besuch von zwei Bundeswehrangehörigen, die sich aber als deutsche Journalisten vorgestellt hätten. Sie hätten ihr Fragen über ihren Mann, Bensayah Belkacem, gestellt, Dokumente eingesehen sowie Fotos von ihr und ihren beiden Töchtern gemacht.
Nur wurde das Gespräch mit Kobilica nie in einem Artikel veröffentlicht. Stattdessen sei bei der in Bosnien stationierten Bundeswehr am selben Tag ein in Deutsch verfasster Geheimdienstbericht mit den Fotos und dem Gesprächsinhalt aufgetaucht. In dem Dossier aus dem Jahr 2003 sei zudem festgehalten, dass es sich bei der Verhaftung von Kobilicas Ehemann möglicherweise um eine ungerechtfertigte Festnahme und höchst zweifelhafte Deportation nach Guantanamo handle.
Gefährdung von Journalisten befürchtet
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisiert das Vorgehen der Soldaten. "Wenn Soldaten in journalistischem Deckmantel auftreten, verstoßen sie nicht nur gegen Vorschriften der Bundeswehr, sondern gefährden auch die Sicherheit von Journalisten in Krisengebieten", erklärte der DJV-Vorsitzende Michael Konken am Donnerstag. Wenn die Unabhängigkeit der Journalisten aufs Spiel gesetzt werde, wachse die Gefahr, dass die Berichterstatter in Kriegs- und Krisengebieten zu Zielscheiben würden. "Es darf nicht noch mehr tote und verletzte Journalisten geben." Die Bundeswehr müsse sich ihrer besonderen Verantwortung für Leib und Leben der internationalen Journalisten bewusst sein. Außerdem müsse das Verteidigungsministerium klären, ob es sich bei dem Vorgang in Bosnien um einen Einzelfall handle.
Verstoß gegen eindeutige Weisungen
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums betonte, Kräfte des militärischen Nachrichtenwesens hätten den Auftrag zum Schutz des deutschen Kontingents in dessen Umfeld Informationen zu gewinnen. Dazu gebe es jedoch eindeutige Weisungen. So seien die Soldaten verpflichtet, in Uniformen aufzutreten. Die Annahme von Scheinidentitäten sei nicht vorgesehen. Sollten Soldaten gegen diese Vorschriften verstoßen haben, würden sie zur Verantwortung gezogen. In dem genannten Fall lägen noch nicht alle erforderlichen Informationen vor; die internen Ermittlungen liefen noch.