Dalai-Lama-Empfang China soll aus der Schmollecke geholt werden

Ein Besuch und die Folgen: Trotz chinesischer Proteste hat Kanzlerin Merkel den Dalai Lama empfangen und mit ihm über Menschenrechte gesprochen. China reagierte wie erwartet verschnupft: mit einem abgesagten Treffen und schärferen Ton. Nun will Justizministerin Zypries die Scherben kitten.

Unbeeindruckt von chinesischen Protesten hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntag den Dalai Lama zu einem privaten Gedankenaustausch empfangen. Merkel ist damit der erste deutsche Regierungschef, der mit dem Friedensnobelpreisträger im Amtssitz eine Unterredung führte. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter sagte nach dem fast einstündigen Treffen, Merkel bewahre alte Freundschaften. "Darüber bin ich glücklich". Lob erhielt Merkel von der Opposition.

Beck äußerte Vorbehalte

SPD-Chef Kurt Beck erklärte, er hätte einen neutralen Ort für ein Treffen vorgezogen. Einige Dutzend Anhänger jubelten dem Dalai Lama am Portal des Kanzleramts zu. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, die Bundeskanzlerin habe den Dalai Lama als religiösen Führer gewürdigt und ihm "Unterstützung bei seinen Bemühungen um die Wahrung der kulturellen Identität Tibets und in seiner Politik des gewaltlosen Strebens nach religiöser und kultureller Autonomie" zugesichert.

Bereits vor dem Besuch habe die Bundesregierung ihr Festhalten an ihrer Ein-China-Politik bekräftigt. Wilhelm erklärte außerdem, der Dalai Lama habe die Bundeskanzlerin "über sein Wirken als Religionsführer des tibetischen Buddhismus und über seinen Einsatz für seine tibetische Heimat unterrichtet". Er habe dabei die friedliche, gewaltfreie Natur seines Einsatzes hervorgehoben, der "ein Streben nach Unabhängigkeit Tibets von der Volksrepublik China ausdrücklich ausschließt".

Zypries will alles wieder gut machen

Aber bereits am Freitag spitzte sich die Krise zwischen China und Deutschland deutlich zu. Hatte Peking in der Woche davor nur den deutschen Botschafter einbestellt, ließ China nun "aus technischen Gründen" ein Treffen mit Bundesjustizministerin Brigitte Zypries platzen, das in München stattfinden sollte. Geplant war eine Unterredung deutsch-chinesischer Regierungsvertreter im Rahmen des Rechtsstaatsdialogs beider Länder. Bis Dienstag wollten Deutsche und Chinesen über das Thema "Schutz des geistigen Eigentums" sprechen. Auch eine Rede von Zypries war vorgesehen.

Nach dem geplatzten deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog sagte Zypries der "Berliner Zeitung" (Montagausgabe): "Ich hoffe, dass dieser Dialog auch weiter eine Erfolgsgeschichte bleibt und nicht nachhaltig gestört wird." Zypries kündigte an, sie werde sich um einen baldigen Ersatztermin für das abgesagte Treffen bemühen. Dabei sei klar: "Die Achtung der Menschenrechte war und ist Gegenstand des Rechtsstaatsdialogs mit China." Allerdings sei es international notwendig, Belange und Positionen des Gesprächspartners zu beachten".

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Tonlage verschärft

Schon kurz davor hatte Peking die Tonlage deutlich verschärft und dem Dalai Lama in ungewöhnlich scharfer Form "Abspaltungsaktivitäten" vorgeworfen. Die Bundesregierung wurde erneut aufgefordert, den Dalai Lama nicht zu empfangen. SPD-Vorsitzender Kurt Beck sagte in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin", er hätte den Dalai Lama nicht im Bundeskanzleramt empfangen sondern einen neutralen Ort gewählt.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch, der den Dalai Lama bereits am Samstag empfing und dann zu dem Treffen mit Merkel begleitete, sagte in "Bild am Sonntag": "Es ist gut, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht hat beirren lassen." Der CDU-Politiker betonte, Deutschland könne froh sein, "dass Menschenrechtsfragen für Angela Merkel einen so hohen Stellenwert haben und sie in aller Welt Klartext redet und danach handelt." Auch FDP und Grüne lobten das konsequente Eintreten Merkels für Menschenrecht. Dalai Lama warf in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" China "Arroganz der Macht" vor, weil es überall dort, wo er auftrete, protestiere und sich damit in die inneren Angelegenheiten der Länder einmische.

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