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Der Abwasch der Woche Harry Gezeter und Angela Steuerstrumpf

Steuersenkungen? Nicht mit Schleswig-Harry! Stasi? Nicht mit Sozpäd Platzeck! Und dann dreht auch noch der Verteidigungsminister einen doppelten Guttenberg. Zeit für den Abwasch.
Von Andreas Hoidn-Borchers

Zur Einstimmung gibt es diese Woche mal eine hübsche kleine Anekdote aus der buntscheckigen Welt unserer Fußballer. Es begab sich zu der Zeit, als der Karlsruher Sportclub (Valencia! Euro-Eddy!! Siebennull!!!) so etwas war wie der Karl-Theodor von und zu Guttenberg der Bundesliga und also zu den schönsten Hoffnungen berechtigte. Da also kickte der Club im DFB-Pokal gegen den damals noch Respekt einflößenden FC Bayern. Und was sollen wir sagen? Nach einer guten halbe Stunde führte der KSC mit drei Toren, alle Treffer erzielt von dem kleinen wuseligen, recht eigentlich und normalerweise ziemlich torungefährlichen russischen Stürmer Sergej Kirjakow, den seine Fans zärtlich Kiki nannten. Kurz nach seinem Hattrick allerdings flog Kiki vom Platz und wurde noch an der Seitenauslinie vom Fernsehreporter befragt: "Kiki, erst drei Tore, dann ein Feldverweis - wie fühlen Sie sich jetzt?" Und Kiki radebrechte japsend ins Mikro: "Scheiße, aber gut!"

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Warum wir das hier und heute im Abwasch der Woche erzählen? Gemach, gemach. Da kommen wir gleich zu. Erst einmal nehmen wir aber einen kleinen Umweg über die schöne deutsche Provinz, die so große Gesetzesbrecher wie den vorbildlichen Schwarzgeldeintreiber K. und viele kleine Nachahmer hervorgebracht hat, die nach dem Motto agieren: Wenn es gegen den Soz' geht, ist jedes Mittel recht. Denn wer ist der Staat? Genau! Gucken wir also mal schnell in die Pfalz, wo es im Landtag zu Mainz einen CDU-Abgeordneten namens Michael Billen gibt. Der musste dieser Tage zugeben, sich illegal Daten aus dem Polizeicomputer beschafft zu haben, um der regierenden SPD in der Nürburgringaffäre am Zeug flicken zu können. Einen Teil des Materials hatte ihm seine Tochter besorgt, die bei der Polizei arbeitet.

Diente ja alles der Aufklärung! Anderswo gab es für so was sogar ein ganzes Ministerium. Und am liebsten würde man Billen zurufen: Geh' doch noch drüben! Nur, leider, da ist jetzt doch die Zeit ein bisschen drüber weg gegangen. Obwohl, so ganz dann auch wieder nicht.

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Und damit schauen wir nach Brandenburg, wo seit kurzem eine SPD/MfS-Koalition regiert bzw. zu regieren versucht, weil: So richtig kommt sie nicht dazu, weil immer wieder was dazwischen bzw. raus kommt. Wenn wir richtig mitgezählt haben, dann waren - Stand heute - sieben Abgeordnete der Linken zu DDR-Zeiten nebenbei mehr oder weniger engagiert auch für das Ministerium für Staatssicherheit tätig. Sieben von 26, ein sattes Viertel, das ist eine ziemlich saubere Leistung. Erich Mielke wäre stolz. Und Hans Rosenthal, gäbe es ihn und sein "Dalli Dalli" noch, würde rufen: "Das ist..." Und dann wir: SPITZEL!

Brandenburg hat übrigens auch einen Ministerpräsidenten. Der heißt Matthias Platzeck, ist in der SPD und ein angenehm zurückhaltender Mensch. Schwer erschüttert von seinem neuen Koalitionspartner hat er erst einmal ein paar Schweigewochen eingelegt. Man will ja niemandem zu nahe treten. Mit Erinnerungslücken ist schließlich nicht zu spaßen. Erst am Freitag, in seiner Regierungserklärung, gab's von ihm nebst einer Schelte für die Kritikaster von der CDU ("Pharisäer und Scheinheiligkeit") einen klitzekleinen Schnüffelrüffel für die Linke, die jetzt mal langsam ihre "vergangenheitspolitischen Hausaufgaben" erledigen sollte. Das ist erstens ein Ausdruck, auf den man erst mal kommen muss, und zweitens...

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Aber gut. Wenden wir uns lieber erfreulicheren Dingen zu. Guten alten Sitten etwa, die jetzt wiederbelebt werden. Früher, also ganz früher, als XXL-Familien im von-der-Leyen-Format noch die Regel und nicht die Ausnahmen waren, da hielten Geschwister es so: Wenn die einen was verbockt hatten, wurde ein anderer vorgeschickt zu den Eltern, um sie rauszuhauen oder den Ärger abzufangen - meist der kleine Dicke, der immer so treutraurig guckt, dass man ihm irgendwie gar nicht böse sein kann.

In der Familie der christdemokratischen Ministerpräsidenten geht das dann zum Beispiel so: Die großen Jungs, der Roland, der Christian und der Jürgen sitzen dabei, als Mutti Merkel und ihr Guido beschließen, das Taschengeld auf den Kopf zu hauen und dafür viele schöne Steuersenkungen für Hoteliers und andere nette Menschen zu kaufen. Sie sagen aber nichts, weil: Die haben's ja alle nötig und man soll als alter Pfadfinder ja jeden Tag eine gute Tat… Vielleicht haben sie aber auch einfach nicht genug Traute. Jedenfalls denken sie hinterher: Scheiße, schade um das schöne Geld, könnten wir doch selber gut gebrauchen. Aber gut: Wir haben ja noch den kleinen Peter Harry. Der war nicht dabei. Womöglich kann der Mutti ja ein bisschen um den Bart gehen und wieder umstimmen.

Tja, und so kam es dann im Kanzleramt zum denkwürdigen Auftritt von Peter Harry Carstensen aus Kiel, der rumpelte und stilzte, sich fast mittenmang entzwei riss und schrie: "Das könnt ihr mit mir nicht machen." Sowie: "Da müsst ihr euch jemand anders suchen." Als auch: "Ihr habt sie wohl nicht alle."

Nicht, dass wir das nicht ganz große Oper fänden. Allererste Buffonade. Nicht misszuverstehen. Aber irgendwie haben wir uns das mit dem Um-den-Bart-Gehen anders vorgestellt. Oder die guten alten Sitten sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Dafür muss der kleine Herr Carstensen aus Kiel erst mal damit leben, dass man ihn jetzt anders nennt: Harry Gezeter.

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Twix heisst jetzt übrigens wieder Raider, Saulus Paulus, und Karl-Theodor von und zu muss auch ziemlich aufpassen. Wenn er Glück hat, wird er nur Taufpate für eine neue Eislaufpirouette: den zweifach eingedrehten Guttenberg. Wenn er Pech hat, endet er wie viele seiner Vorgänger im Verteidigungsministerium: im General-Verschiss. Zum Abschuss freigegeben. KTvuzG weiss das genau. Und deshalb agiert er bei der Aufklärung - oder wie immer man das sonst nennen will - des verheerenden Luftangriffs von Kundus auch nach dem schönen alten Motto: Vorwärts, Kameraden, wir müssen zurück. Bzw., um nun endlich endgültig die Kurve zu nehmen: Scheiße, aber gut!

Wenn wir ihn richtig verstanden haben, dann war nach erster Lektüre der ihm nicht vorenthaltenen Berichte das Bombardement "angemessen", nach nochmaliger Lektüre vier Wochen und einen Jung-Rücktritt später war es dann "nicht angemessen", wohingegen der Befehl, den der Oberst Klein gegeben hatte, trotzdem irgendwie weiterhin in Ordnung war: "Ich zweifle nicht im Geringsten daran, dass er gehandelt hat, um seine Soldaten zu schützen." Mit dem Argument kann man freilich auch rechtfertigen, dass ein ganzes Land in Schutt und Asche gelegt wird.

"'s ist Krieg! 's ist Krieg! O Gottes Engel wehre, und rede du darein", hat Matthias Claudius gedichtet. Der humanistisch gebildete Verteidigungsminister wird es kennen. Auch wie es weitergeht: "'s leider Krieg - und ich begehre nicht schuld daran zu sein."

Exakt so geht's ihm auch. Wir können das verstehen. Denn Guttenberg muss aufpassen, dass er nicht so etwas wird wie der Karlsruher SC der Bundespolitik. Der KSC kämpft gerade gegen den Abstieg. Aus der zweiten Liga.

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