Nachträglich mehr Geld gefordert Hat Seehofers Heimatministerium das Jubiläum der Deutschen Einheit verschlafen?

Menschen feiern in Berlin die Deutsche Einheit; Bundesinnenminister Horst Seehofer
"So ein Tag ..." Am 3. Oktober 1990 war Party vor dem Brandenburger Tor. Was Bundesinnenminister (CSU) Horst Seehofer zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit plant, steht indes noch nicht fest
© Jörg Schmitt / DPA, Bernd von Jutrczenka / DPA
Im kommenden Jahr feiern wir 30 Jahre Deutsche Einheit – und plötzlich müssen 61 Millionen Euro dafür her. Das Bundesinnenministerium hat für die Feierlichkeiten Geld bei Finanzminister Olaf Scholz nachgefordert. Hat das Haus von Horst Seehofer das Jubiläum übersehen?

15.849.448.000 Euro bekommt das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) von Horst Seehofer (CSU) in diesem Jahr von SPD-Finanzminister Olaf Scholz, also knapp 16 Milliarden Euro. Und was davon alles bezahlt werden muss: die Beamten der Bundespolizei, die Miete für Bürogebäude, die Kosten der Europawahl und und und.

Trotz des Milliardenbudgets, für eine Sache reicht das Geld offenbar nicht: fürs Feiern. Deshalb haben die Beamten des BMI für das laufende Jahr noch einmal 30 Millionen Euro bei Regierungs-Schatzmeister Scholz nachgefordert – und fürs kommende gleich noch einmal 31 Millionen. 

Deutsche Einheit soll groß gefeiert werden

Wie die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) berichtet, hat das Haus von Horst Seehofer schlicht vergessen, dass 2020 ein Jubiläum ansteht: der 30. Jahrestag der Wiedervereinigung am 3. Oktober. Und wie es sich für ein rundes Jubiläum gehört, soll die Feier größer ausfallen als gewöhnlich. Also mehr als Festakt, "Deutschlandfest" und "Ländermeile".

Man müsse die Feierlichkeiten ganz anders als bisher organisieren, begründen die Beamten ihre Nachforderungen laut "SZ" in ihrem Schreiben an das Finanzministerium. Anderenfalls könnten sie "bestehende Frustrationen und Tendenzen zur gesellschaftlichen Spaltung verstärken" oder sogar "politische und soziale Staatsinteressen beinträchtigen". Geplant sei nun unter anderem Dialogformat ("ernsthaft" und "ehrlich"), in dem über Zusammenhalt und Lebensverhältnisse im vereinten Deutschland diskutiert werden könne. (Warum das eine gute Idee ist, lesen Sie hier im stern.) Das zusätzliche Geld sei nötig, weil "umfassende Maßnahmen für die Konzeption und Umsetzung des Jubiläumsjahres" erforderlich seien. 

Die "SZ" schreibt von "gewaltigen Begründungsgirlanden", die die Damen und Herren aus dem BMI anführen, um Finanzminister Scholz davon zu überzeugen, das Geld locker zu machen – und der will natürlich nicht als Spaßverderber dastehen. Die 61 Millionen Euro seien bereits bewilligt, die Jubiläums-Kommission soll laut Innenministerium im August die ersten Pläne für die große Bundes-Sause präsentieren.

Vergessen oder verplant?

Bleibt die Frage, wieso der finanzielle Nachschlag für die Party eigentlich nicht von vornherein in den Etat des Ministeriums eingepreist wurde.

Nun: "Die Erkenntnis der Notwendigkeit, den 30. Jahrestag der Deutschen Einheit (...) in ganz besonderer Weise zu nutzen, nahm erst nach Abschluss der Beratungen des Bundeshaushalts 2019 (...) substanziell Kontur an", begründet das BMI laut "SZ" den Mehrbedarf. Und auch Marco Wanderwitz, Parlamentarischer Staatssekretär für Bau und Heimat im BMI, sagt, dass die Feiern "natürlich" nicht vergessen worden seien. Sie seien zunächst nur "kleiner" geplant gewesen sein. Tatsächlich finden sich in den Haushaltsplänen für 2019 und 2020 auch mehrere eingeplante Beträge für die Feierlichkeiten zum Tage der Deutschen Einheit.

Aber wie es eben oft mit runden Geburtstagen ist: Erst werden sie verdrängt und dann kommen sie schneller als erwartet. Die Party wird dann meistens größer und teurer als geplant.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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