Michael Sommer ist neuer Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Er erhielt am Dienstag auf dem 17. DGB- Bundeskongress in Berlin 364 der 387 abgegebenen gültigen Stimmen. Sommer löst Dieter Schulte ab, der nach acht Jahren nicht mehr antrat.
Keine »Arbeiterkarriere«
Der neugewählte DGB-Chef hat 30 Jahre Erfahrung in der Gewerkschaftsarbeit. Im Gegensatz zum scheidenden DGB-Chef Dieter Schulte kann der neue Vorsitzende des Dachverbands aber nicht auf lange Jahre an der Werkbank zurückblicken: Der heute 50-Jährige trat im Alter von 19 Jahren als Aushilfe in der Postzustellung in die Deutsche Postgewerkschaft (DPG) ein und begann gleich nach seinem Politologiestudium 1980 seine Karriere als hauptamtlicher Gewerkschafter.
Sommer war Vizevorsitzender bei Ver.di
In der DPG, die im vergangenen Jahr in der Gewerkschaft Ver.di aufging, arbeitete sich Sommer nach oben: Vom Dozenten im DPG-Bildungszentrum avancierte er bereits nach zwei Jahren zum Leiter der Öffentlichkeitsarbeit. Ab 1993 gehörte Sommer dem geschäftsführenden Hauptvorstand der DPG an und war seit 1997 ihr stellvertretender Vorsitzender unter Kurt van Haaren. Das Amt des Vizevorsitzenden der neuen Gewerkschaft Ver.di, an deren Gründung er maßgeblich beteiligt war, war Sommers letzte Station vor dem Chefposten des Deutschen Gewerkschaftsbunds.
Sommer gilt als linksgerichteter Pragmatiker. 1981 trat er der SPD bei. Auch seinen Pragmatismus hat der neue DGB-Chef bereits unter Beweis gestellt: Sommer hat sich vor seiner Wahl sowohl mit Bundeskanzler Gerhard Schröder als auch mit Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber getroffen.
Rolle des DGB stärken
Der neue DGB-Chef hat den zahlreichen Problemen des Gewerkschaftsbunds den Kampf angesagt. So will er die Rolle des DGB als politisches Sprachrohr der acht oft widerstrebenden Gewerkschaften - die größten sind ver.di und die IG Metall - stärken. »20 Jahre Streit sind 20 Jahre Mitgliederschwund«, sagt Sommer und spricht damit ein weiteres Problem an. Er will für die Gewerkschaften die politische Meinungsführerschaft von den Arbeitgeberverbänden zurückerobern und sie so attraktiver machen für neue Mitglieder. Nach seinem Willen sollen sich die Gewerkschaften auch mehr um freie Berufe und Selbstständige kümmern.
Reformfreudig und durchsetzungsstark
Der 50-Jährige bezeichnet sich selbst als reformfreudig, unter seinen Kollegen gilt er als durchsetzungsstark. Sommer ist Mitglied im Aufsichtsrat der Telekom und der Deutschen Postbank. Er ist verheiratet und hat eine zwölfjährige Tochter.