Auf entsprechende Äußerungen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) angesprochen, sagte Eichel dem Sender n-tv am Donnerstag in Berlin, eine Neuverschuldung auf dem genannten Niveau sei denkbar. Genaueres lasse sich jedoch erst bei der Aufstellung eines Nachtragshaushalts sagen. Dieser werde im Herbst kommen. Eichel mahnte erneut tiefere Einschnitte in das Sicherungssystem an als von Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) geplant.Union und FDP forderten einen umgehenden Kassensturz. Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) forderte von 2007 an einen um mehrere hundert Millionen aufgestockten Wehretat.
37,8 Milliarden Euro ist denkbare Zahl
"Die Zahl, die der Bundeskanzler gesagt hat, ist eine denkbare Zahl, aber das wird man genau erst im Herbst wissen", sagte Eichel. Im Laufe eines Jahres gebe es immer Veränderungen, zum Guten und zum Schlechten. Schröder hatte am Mittwochabend angekündigt, dass die Kreditaufnahme des Bundes 2003 doppelt so hoch sein werde wie geplant. Im Haushalt ist derzeit eine Neuverschuldung von 18,9 Milliarden Euro vorgesehen. Die Schulden würden damit auf 37,8 Milliarden Euro ansteigen. Bislang hatten die meisten Experten mit einer Neuverschuldung von gut 30 Milliarden Euro gerechnet.
Mit einer Neuverschuldung in der von Eichel und Schröder angekündigten Höhe und einer ähnlichen Situation in den Länderhaushalten und Sozialkassen überschreitet Deutschland das europäisch vereinbarte Defizitkriterium auch 2003. Dies wird jedoch nicht zu Konsequenzen führen, da die EU-Kommission erst 2004 wieder ein Defizit von unter drei Prozent des Bruttoinlandproduktes erwartet. Sollte Deutschland dies nicht schaffen, drohen Strafzahlungen.
Konsolidierungsbedarf von 20 Milliarden Euro
Eichel hatte im Haushaltsausschuss des Bundestages angekündigt, er rechne 2004 mit einer Neuverschuldung von mindestens 15 Milliarden Euro. Höher als 20 Milliarden Euro dürfe die Verschuldung nicht liegen, weil der Bund sonst zu einem erneuten Verstoß gegen die europäischen Defizitkriterien beitragen werde. Der Konsolidierungsbedarf für das kommende Jahr liegt daher bei bis zu 20 Milliarden Euro. Den Haushaltsentwurf will Eichel dem Bundeskabinett am 25. Juni vorlegen. Derzeit laufen die ersten Verhandlungen über den Etat zwischen Eichels Ministerium und den anderen Ressorts auf Fachebene. Daran schließen sich die Verhandlungen unter den Ministern an.
In Koalitionskreisen gilt es als wahrscheinlich, dass Eichel zur Senkung der Neuverschuldung einen Mix aus Subventionsabbau, Steuererhöhungen und Einsparungen vorschlagen wird. Ein deutlicher Abbau der Investitionen - die am einfachsten zu kürzen sind - ist ihm verbaut, weil sonst die Verfassungsmäßigkeit des Haushalts bedroht ist.

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Einschnitte für Rentner
Zur Sicherung der Haushaltskassen und zum Erhalt der Sozialsysteme forderte Eichel Einschnitte auch für Rentner. Mit der Einführung der Riester-Rente sei eine Steigerung des Rentenniveaus in einer stark alternden Gesellschaft herausgekommen. "Das kann überhaupt nicht sein", sagte Eichel Unter dem politischen Druck der Gewerkschaften und der Union habe die Regierung hier eine strukturell richtige Reform mit einem zu hohen ökonomischen Preis durchgesetzt. Angesichts der Alterung der Gesellschaft könne es in der Rente nicht so weitergehen. Nie wieder werde es eine Rentnergeneration geben, der es im Schnitt so gut gehe wie der heutigen. Bereits am Mittwoch hatte Eichel sich für deutlich stärkere Einschnitte im Gesundheitssystem ausgesprochen.
Der haushaltspolitische Sprecher der Union, Dietrich Austermann (CDU), forderte eine Haushaltssperre für den Bund. Der Minister müsse den angekündigten Nachtragshaushalt zudem sofort und nicht erst im Herbst vorlegen. Ähnlich äußerte sich der haushaltspolitische Sprechers der FDP, Günter Rexrodt. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos erklärte, die Haushaltsmisere sei Quittung für die jahrelang verschleppten Strukturreformen.
Der haushaltspolitische Sprecher der Union, Dietrich Austermann (CDU), forderte eine Haushaltssperre für den Bund. Der Minister müsse den angekündigten Nachtragshaushalt zudem sofort und nicht erst im Herbst vorlegen. Ähnlich äußerte sich der haushaltspolitische Sprechers der FDP, Günter Rexrodt. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos erklärte, die Haushaltsmisere sei Quittung für die jahrelang verschleppten Strukturreformen.