Gut eine Woche vor der geplanten Wahl von Hannelore Kraft zur Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen setzt Rot-Grün auf versöhnliche Töne. SPD und Grüne wollen als Minderheitsregierung keinen radikalen Umbau des mehrgliedrigen Schulsystems durchsetzen.
Für den heutigen Dienstag ist die letzte Runde der Koalitionsverhandlungen geplant. Dann wollen die Parteien einen unterschriftsreifen Vertrag über eine Minderheitsregierung vorlegen.
Vor Gesetzesänderungen wollen sie in Gesprächen mit allen Fraktionen nach einem parteiübergreifenden Konsens suchen. "Die Schulpolitik muss möglichst aus dem parteipolitischen Gezänk herausgehalten werden", sagte Grünen-Fraktionschefin Sylvia Löhrmann am Montag in Düsseldorf. CDU und FDP nannten das Gesprächsangebot wenig glaubhaft.
Um ihre Pläne umzusetzen, wollen SPD und Grüne im kommenden Jahr eine Milliarde Euro zusätzlich ausgeben. Das sei unvermeidbar, um die Zukunft des Landes zu sichern, sagte SPD-Chefin Kraft. Unter anderem soll das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei werden.
Die Studiengebühren will Rot-Grün auf einen Schlag zum Wintersemester 2011/12 abschaffen. "Schneller geht es nicht", sagte Kraft. Zunächst müsse ein Gesetz durch den Landtag gebracht und ein vollständiger finanzieller Ausgleich für die Hochschulen geregelt werden.
Für die Kommunen wollen SPD und Grüne im kommenden Jahr 650 Millionen Euro bereitstellen. Mit dem Geld soll das Land Zinsen für Altschulden von Städten und Gemeinden übernehmen. Außerdem sollen die Kommunen wieder einen Anteil an der Grunderwerbssteuer behalten dürfen.
CDU und FDP kritisierten die Schuldenpläne von Rot-Grün. "Mit ihren Geschenken auf Pump setzen sie jetzt wieder da an, wo sie 2005 aufgehört haben", sagte der kommissarische CDU-Fraktionschef Christian Weisbrich. Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Gerhard Papke: "SPD und Grüne pfeifen auf Generationengerechtigkeit und wollen ihren alten Schuldenberg weiter erhöhen."
Bis 2015 sollen nach den Plänen von SPD und Grünen möglichst 30 Prozent der weiterführenden Schulen in Gemeinschaftsschulen umgewandelt werden, in denen alle Kinder bis zur sechsten Klasse gemeinsam lernen. Schulen, Eltern und Kommunen sollen entscheiden, ob die Kinder dann weiter zusammen lernen oder in Haupt-, Real oder Gymnasialklassen aufgeteilt werden.

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"Wir zwingen da niemanden", sagte Löhrmann, die als neue Schulministerin im Gespräch ist. Ziel von Rot-Grün sei es, mehr Gymnasialbildung zu ermöglichen. Die Gymnasien sollen entscheiden können, ob bei ihnen das Abitur weiter nach acht Jahren abgelegt werden kann oder ob sie zu neun Jahren zurückehren wollen.