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Moschee-Eröffnung in Köln "Unser Özil und unser Ilkay" - Erdogan-Besuch endet mit Rassismus-Vorwürfen

Recep Tayyip Erdogan
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bei seinem Besuch in Köln
© Henning Kaiser / DPA
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat sich bei seinem Deutschland-Besuch einerseits versöhnlich gezeigt, aber auch deutliche Kritik geäußert. Begleitet wurde der Tag von friedlichen Protesten und massivem Polizeiaufgebot.

Trotz aller Bemühungen um eine Verbesserung der deutsch-türkischen Beziehungen ist der Staatsbesuch von Präsident Recep Tayyip Erdogan mit neuen Vorwürfen und offenen Differenzen zu Ende gegangen. Bei der Einweihung der umstrittenen Ditib-Zentralmoschee in Köln am Samstag erneuerte Erdogan seinen Vorwurf des "Rassismus" in Deutschland, wobei er sich auf die Affäre um Ex-Fußballnationalspieler Mesut Özil bezog. Begleitet war sein Auftritt in Köln von Kundgebungen von tausenden Menschen für und gegen Erdogan.    

In seiner Rede vor rund tausend geladenen Gästen in der Moschee sprach sich Erdogan zwar für "gleichberechtigte Integration" aus und forderte die Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft für die Türken in Deutschland. Damit werde das "Wir-Gefühl in Deutschland" und die Verbundenheit zwischen den Völkern gestärkt. Klar wandte sich Erdogan zudem gegen "Assimilation".    

"Unser Özil und unser Ilkay"

Zu Özil, "der in Deutschland geboren und aufgewachsen ist", sagte er dann aber, dieser sei nur wegen eines Fotos mit ihm "aus der Gemeinschaft verstoßen" worden. "Unser in Deutschland geborener und aufgewachsener Mesut Özil und unser Ilkay. Sie haben sie aus dieser Gesellschaft ausgegrenzt, weil sie sich mit mir in England fotografieren ließen. Ehrlich gesagt konnte ich es als ihr Präsident nicht verdauen, dass unsere zwei jungen Männer, die bis in die deutsche Nationalmannschaft aufgestiegen sind, ausgegrenzt wurden", sagte Erdogan am Samstag. Solcher Rassismus müsse "ein Ende haben". Diesen Vorwurf hatte Erdogan während seines dreitägigen Staatsbesuchs mehrfach erhoben, darunter auch am Freitagabend beim Staatsbankett bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.    

Deutsche Politiker waren bei der Moschee-Eröffnung nicht dabei. Erdogan hatte zuvor am Flughafen Köln/Bonn den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) getroffen. Je "angespannter die Zeiten" seien, desto wichtiger sei der Dialog zwischen zwei Staaten, sagte Laschet nach dem einstündigen Gespräch. Er habe Erdogan gesagt, dass "Rechtsstaatlichkeit eine wichtige Voraussetzung" für eine Normalisierung der Beziehungen sei. Dabei verwies er insbesondere auf die nach wie vor in der Türkei inhaftierten Deutschen.    

Protestkundgebungen in Köln

Begleitet wurde Erdogans Besuch von Protestkundgebungen im Stadtteil Deutz und in der nördlichen Innenstadt. "Stoppt die Erdogan-Diktatur", forderten die Demonstranten in Deutz auf einem Transparent. Wie ein AFP-Reporter berichtete, blieb die Teilnehmerzahl mit 1000 in Deutz und einigen hundert bei der zweiten Kundgebung in der Innenstadt aber deutlich unter den Erwartungen.    

Außerdem machten auch die Erdogan-Anhänger mobil: Ihre Zahl wuchs im Laufe des Tages trotz der kurzfristigen Absage einer Außenveranstaltung im weiteren Umfeld der Zentralmoschee. Die Stadt Köln hatte die Außenveranstaltung mit bis zu 25.000 Besuchern abgesagt, da Ditib "kein ausreichendes Sicherheitskonzept" vorgelegt habe.    

Vor der Eröffnung der Moschee kritisierte der Grünen-Politiker Cem Özdemir im AFP-Gespräch die Versuche der Türkei, in Deutschland "die Integrationspolitik über den Moscheeverband Ditib zu torpedieren". Auch der frühere SPD-Chef Martin Schulz warnte in der "Rheinischen Post" vor einer "Politisierung des Islam" durch Ditib. Kritiker sehen in dem Verband den verlängerten Arm Ankaras.    

Frühstück mit Merkel

Erdogan hatte am Samstagmorgen noch einmal Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem Arbeitsfrühstück im Kanzleramt getroffen. Dabei waren laut einem Regierungssprecher die Möglichkeiten zur Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen ein wesentliches Thema. Zudem sei es um Syrien, die Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik sowie die innenpolitische Lage in der Türkei und den Anti-Terror-Kampf gegangen.    

Am Vortag waren bei den politischen Gesprächen die anhaltenden Spannungen im bilateralen Verhältnis klar geworden. Merkel sprach von "tiefgreifenden Differenzen" bei den Themen Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit. Für einen Eklat sorgte Erdogan beim Staatsbankett, wo er ungewöhnlich scharf die Auslieferung des in Deutschland lebenden türkischen Journalisten Can Dündar forderte. 

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bak AFP

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