Erster Auftritt Beck spricht von Intrige

Ex-SPD-Chef Kurt Beck hat in seinem ersten Auftritt vor der Presse den Vorwurf wiederholt, dass es "bewusste Fehlinformationen" an die Medien gegeben habe und dass er deswegen zurückgetreten sei. Sein Eindruck einer Intrige "entspricht nicht einem Gefühl oder Vermutungen, sondern Fakten", sagte er.

Der zurückgetretene SPD-Vorsitzende Kurt Beck hat seine Entscheidung erneut mit einer parteiinternen Intrige begründet. In der ersten Pressekonferenz seit seinem überraschenden Rücktritt warf er am Dienstag Parteifreunden, die er nicht namentlich nannte, Vertrauensbruch vor. "Dies bezieht sich ausdrücklich nicht auf die erste politische Reihe", betonte er aber. Der Eindruck einer Intrige "entspricht nicht einem Gefühl oder Vermutungen, sondern Fakten". Sein offener Stil sei mit offenem Vertrauensbruch quittiert worden.

Beck sagte, er habe bereits vor Monaten die Entscheidung gefällt, dass Frank-Walter Steinmeier Kanzlerkandidat werden soll. Er wollte über den Sommer hinweg diese Entscheidung allerdings nicht bekanntgeben. Erst nach der Sommerpause habe er mit Frank-Walter Steinmeier darüber Gespräche aufgenommen - "gute, freundliche Gespräche", wie Beck sagte. Am Samstag dann habe er die SPD-Führung, die Bundesminister, die Landesvorsitzenden und "einige Persönlichkeiten darüber hinaus" über seine Entscheidung zur Kanzlerkandidatur informiert, darunter auch "Herrn Schröder und andere".

Am Samstagabend habe er festgestellt, dass den Medien "bewusst Fehlinformationen zugespielt" worden seien. "Diese Meldungen und das, was dahinterstand, haben dazu geführt, dass ich eine völlig andere Lage vorfand". Er sei schließlich zu der Überzeugung gekommen, "dass es nicht mehr möglich ist, meine Aufgabe sinnvoll zur erfüllen".

Sein Rücktritt sei "eine bewusste Entscheidung" gewesen - von Samstagabend bis Sonntagmorgen habe er intensiv darüber nachgedacht. Noch am Samstagabend habe er Steinmeier und andere SPD-Spitzenpolitiker über sein Vorhaben informiert, die ihn darum gebeten hätten, nocheinmal darüber nachzudenken. Es sei schlüssig, dass der Parteivorsitz nicht wahr genommen werden könne, wenn die Handlungsfreiheit derartig eingeschränkt sei, so Beck weiter. Er widersprach Darstellungen, dass es laute Töne bei den Gesprächen der Parteispitze am Wochenende gegeben habe. Es habe eine besonnene Atmosphäre geherrscht.

Zwei Tage nach seinem Rücktritt hat Beck mit seinem designierten Nachfolger Franz Müntefering telefoniert. Beck sagte, er habe am Morgen mit Müntefering gesprochen und "selbstverständlich" ein Treffen mit ihm vereinbart. Einen Termin dafür nannte er nicht. Beck bestätigte indirekt, dass er nach seinem Rücktritt am Sonntag eigentlich Bundesarbeitsminister Olaf Scholz als neuen SPD-Vorsitzenden vorgeschlagen hatte. Es sei für ihn eine Selbstverständlichkeit gewesen, einen Weg aufzuzeigen, wie es nach seinem Rücktritt weitergehen solle, sagte er. Es seien aber andere Entscheidungen getroffen worden. Er habe nicht auf Scholz bestanden, betonte Beck. Es war "ein Lösungsvorschlag - keine festgefügte Haltung meinerseits". Das Verhältnis zwischen Beck und Müntefering gilt seit langem als äußerst gespannt. Müntefering hatte bereits am Montag nach seiner Nominierung im Parteivorstand angekündigt, er suche den Kontakt zu Beck.

Beck bleibt Ministerpräsident

Beck bekräftigte, dass er seine Aufgabe als Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz weiter wahrnehmen und wieder als SPD-Landeschef kandidieren werde. Er sprach von einer absoluten Zustimmung im Landesverband. Am Montag war Beck mit führenden Vertretern des SPD-Landesverbandes in Mainz zu einem Krisentreffen zusammengekommen, anschließend hatte er aber geschwiegen. Die Generalsekretärin der Landes-SPD, Heike Raab, erklärte im Anschluss an das Treffen, Beck bleibe Ministerpräsident in Mainz. Zudem werde er beim Landesparteitag am kommenden Samstag erneut für das Amt des SPD-Landesvorsitzenden kandidieren.

Beck war am Sonntag bei einer SPD-Führungsklausur in Werder bei Potsdam als Bundesvorsitzender zurückgetreten. In seiner schriftlichen Erklärung hieß es, der vereinbarte Ablauf bei der Entscheidung über die Kanzlerkandidatur sei durch "gezielte Falschinformationen" in Medien durchkreuzt worden - das habe ihm keinen Handlungs- und Entscheidungsspielraum mehr gelassen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Steinmeier dementiert Putsch

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier versicherte im ZDF, dass er keinerlei Verantwortung für den überraschenden und verärgerten Rückzug Becks trage: "Sie können sicher sein, dass ich nichts, aber auch nichts dazu beigetragen habe, dass die Entscheidungen am Wochenende so gefallen sind", sagte er auf eine entsprechende Frage. Keiner der unmittelbar Beteiligten in der SPD-Spitze habe den Rücktritt Becks gewollt.

Wie Steinmeier sieht auch der andere stellvertretende SPD- Vorsitzende, Finanzminister Peer Steinbrück, kein Intrigenspiel innerhalb der Führung. "Von Putsch kann keine Rede sein. Ich trete dem entgegen, dass es so etwas gegeben hat", sagte Steinbrück am Montagabend in der ARD-Talksendung "Beckmann".

Wann erscheint Becks Autobiographie?

Becks Rücktritt stellt den Erscheinungstermin seiner Autobiographie in Frage. Eine Sprecherin des Pendo-Verlags in München sagte am Montag, es sei unklar, ob es beim angepeilten Erscheinungsdatum, dem 30. September, bleiben werde. Bis Donnerstag werde man eine Entscheidung treffen. Auch sei unklar, ob dem Buch ein Kapitel hinzugefügt werde. "Denkbar wäre das", sagte die Sprecherin. Noch sei kein Exemplar in den Druck gegangen. Offenbar ist auch noch nicht geklärt, ob Altkanzler Gerhard Schröder das Buch wie geplant vorstellt.

Das mit Unterstützung der Journalistin Martina Fietz entstandene Buch trägt den Titel "Ein Sozialdemokrat". Das 260 Seiten umfassende Werk kündigt der Verlag auf seiner Homepage nach wie vor an als ein "bewegendes Buch aus dem Leben eines sympathischen Menschen, der derzeit in der deutschen Politik wohl die schwerste Last zu schultern hat". Beck nehme den Leser mit auf seinem Weg vom Funkelektroniker zum Bürgermeister und erfolgreichen Ministerpräsidenten bis hinein in die Zentren der Berliner Macht.

AP · DPA
ukl/DPA/AP/AFP