Die deutsche Vorratsdatenspeicherung ist mit EU-Recht nicht vereinbar. Ohne Anlass dürften die Kommunikationsdaten aller Bürgerinnen und Bürger nicht gespeichert werden, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg. Nur unter bestimmten strengen Voraussetzungen sei eine begrenzte Datenspeicherung zulässig, hieß es. Ebenso erklärte der Gerichtshof die französische Vorratsdatenspeicherung gegen Machtmissbrauch für unzulässig.
Bei einer ernsten aktuellen oder vorhersehbaren Bedrohung für die nationale Sicherheit dürften Verkehrs- und Standortdaten allgemein vorübergehend gespeichert werden, erklärte der EuGH. Zum Schutz der nationalen Sicherheit, zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit dürften Telekommunikationsanbieter für einen begrenzten Zeitraum dazu verpflichtet werden, bestimmte Daten zu speichern, hieß es. Die Bundesregierung kündigte bereits an, die Regelung reformieren zu wollen.
Hintergrund des Urteils ist ein Rechtsstreit der Bundesnetzagentur mit dem Internetprovider SpaceNet und der Telekom, die sich gegen die Speicherpflicht im Telekommunikationsgesetz wehren. Die Bundesnetzagentur hatte diese Regelung bereits 2017 auf Eis gelegt, nachdem das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden hatte, dass SpaceNet nicht zur Speicherung der Daten verpflichtet werden darf. Das war wenige Tage, bevor die neue Regel eigentlich in Kraft treten sollte.
Vorratsdatenspeicherung: Urteil birgt Sprengstoff für Ampel
Der Urteilsspruch birgt weiteres Streitpotenzial für die Ampel-Koaltion. Denn in den Koalitionsverhandlungen hatte die FDP mit Macht auf eine Vereinbarung zur Abkehr von der Vorratsdatenspeicherung gedrungen. Die Grünen sehen dieses Instrument ebenfalls kritisch. Anders positioniert sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Die SPD-Politikerin hatte kürzlich beim Jahresempfang der Sicherheitsbehörden betont, Polizei und Verfassungsschutz bräuchten Eingriffsbefugnisse auf der Höhe der Zeit.
Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP landete im vergangenen Herbst schließlich eine Formulierung, die viele Fragen offenlässt. Dort heißt es: "Angesichts der gegenwärtigen rechtlichen Unsicherheit, des bevorstehenden Urteils des Europäischen Gerichtshofs und der daraus resultierenden sicherheitspolitischen Herausforderungen werden wir die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung so ausgestalten, dass Daten rechtssicher anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss gespeichert werden können."