Bremer FDP-Spitzenkandidatin in der Tagesschau Bleib, wie du bist, Lencke!

  • von Dominik Brück
Bei ihrem Auftritt in der Tagesschau hebt sich die Bremer FDP-Kandidatin Lencke Steiner deutlich von ihren Konkurrentinnen ab. Macht die junge Frau Politik wieder attraktiv?

Als die Kamera in der Tagesschau am Sonntagabend durch die Runde der Politikerinnen schwenkt, sticht Lencke Steiner, Spitzenkandidatin der FDP bei der Bremer Bürgerschaftswahl, sofort zwischen den anderen Gästen hervor. In den Gesichtern der Kandidatinnen von Grünen, Christdemokraten und Linken meint man fast das ganze Dilemma der Politik erkennen zu können: Die überwiegend älteren Frauen wirken müde, gelangweilt, ernst, fast schon verbittert - in den Köpfen vieler Bürger typisch für Politik eben. Dass die Wähler davon zunehmend die Nase voll haben, zeigt nicht zuletzt die desaströse Wahlbeteiligung in Bremen, die mit 48,9 Prozent einen neuen Tiefstand erreicht hat.

Die 29-jährige Steiner wirkt da ganz anders: Nicht nur optisch hebt sich die Jungpolitikerin von ihren Kontrahentinnen ab, auch ihr Auftreten und ihre Aussagen wirken deutlich dynamischer und frischer. Dass sie sich dabei das ein oder andere Mal verhaspelt, wird gern auf ihre mangelnde Erfahrung zurückgeführt. Auch auf die Frage, ob es nun die neue Masche der FDP sei, junge erfolgreiche Frauen als Spitzenkandidatinnen aufzustellen, findet Steiner eine recht unpolitische Antwort: "Schauen sie sich die anderen Damen hier an, die sind alle genauso hübsch und erfolgreich.“

Politik für die Generation Y?

Ob nun Parteimasche oder nicht, das Konzept der Liberalen ist bisher schon in zwei Bundesländern aufgegangen. Nachdem Katja Suding in Hamburg die tot geglaubte Partei zurück in die Bürgerschaft führte, hat nun Steiner in Bremen aus dem Stand 6,5 Prozent mit einer Partei geholt, in der sie nicht einmal selbst Mitglied ist. Vielleicht liegt gerade hier der Schlüssel zu ihrem Erfolg: Im Gegensatz zu anderen Kandidaten, die oft erst nach einer jahrzehntelangen Parteikarriere an die Spitze eines Wahlkampfes gesetzt werden, wirkt die junge, parteilose Seiteneinsteigerin einfach ehrlicher und offener.

Vielleicht eine Chance für die Politik insgesamt. Immer wieder heißt es, junge Menschen seien politikverdrossen, unpolitisch oder schlicht und ergreifend desinteressiert. Dem steht entgegen, dass sich viele junge Menschen politisch engagieren - zum Beispiel auf Demonstrationen, in Flüchtlingsprojekten oder bei sozialen Trägern. Statt von Politikverdrossenheit, sollte man eher von einer Parteienverdrossenheit sprechen. Sich über Jahre an eine Partei zu binden, um vielleicht irgendwann einmal bei einem Thema etwas bewegen zu können, spricht junge Menschen kaum noch an. Dass eine Partei jemandem wie Lencke Steiner die Chance gibt, politische Verantwortung zu übernehmen, könnte ein Weg sein, auch die klassische Politik wieder attraktiver für die sogenannte Generation Y, junge Menschen, die Ende der 80er- und Anfang der 90er-Jahre geboren wurden, zu machen.

Der Erfolg in Bremen jedenfalls gibt Politikerinnen wie Steiner recht: Statt monotoner Statements der "erfahrenen“ Politiker, macht die frische, manchmal etwas unbeholfene Art der jungen Frau Politik wieder lebendig und attraktiv. Es bleibt zu hoffen, dass sich Steiner diese Art auch als Parteipolitikerin bewahrt – ihren Eintritt in die FDP hat sie jedenfalls gleich nach dem Wahlerfolg bekanntgegeben.

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