Die Opposition hat die traditionell scharfzüngige Haushaltsdebatte im Bundestag am Mittwoch genutzt, um mit der Politik der schwarz-gelben Regierung abzurechnen. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf der Koalition bei der Generaldebatte ein "Regierungschaos ohne Ende" vor. Union und FDP hätten innerhalb eines Jahres das Vertrauen der Wähler "restlos verschleudert".
Die Koalition habe die eigene Klientel betreut, ohne sich um das Allgemeinwohl zu kümmern. Die Bundesbürger hätten von politischer Führung geträumt, sagte der SPD-Fraktionschef. "Und was haben Sie bekommen: Ein Albtraum, Regierungschaos ohne Ende, so viel Durcheinander und so viel Unernst war noch nie."
Merkel verspricht "vernünftige Wachstumsraten"
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht ihre schwarz-gelbe Koalition nach den ersten 13 Monaten dagegen auf Kurs. "Wir haben die Weichen in die richtige Richtung gestellt", sagte die CDU-Vorsitzende. Die Wirtschaft wachse wieder, die Arbeitslosenzahl sei unter die Drei-Millionen-Marke gesunken. In den nächsten Jahren seien - wenn alles richtig gemacht werde - "vernünftige Wachstumsraten" möglich.
Die Auseinandersetzung zwischen Merkel und ihrem ehemaligen Vizekanzler war erster Höhepunkt der Generaldebatte über den Haushalt 2011. Die CDU-Chefin warf der SPD vor, sich von vielen Positionen aus ihrer Regierungszeit in "affenartigem Tempo" verabschiedet zu haben. Noch härter ging sie mit den Grünen ins Gericht, die derzeit im Umfrage-Hoch sind. Die Grünen seien "ziemlich fest verbandelt mit dem Wort dagegen". "Wenn es so weitergeht, werden die Grünen für Weihnachten sein, aber gegen die vorgeschaltete Adventszeit." Die Kanzlerin sprach sich erneut für die Beteiligung privater Investoren bei der Lösung künftiger Euro-Krisen aus.
"Herbst der Fehlentscheidungen"
Als "Herbst der Fehlentscheidungen" kritisierte die Linkspartei die Arbeit der schwarz-gelben Koalition. Fraktionschefin Gesine Lötzsch sprach von einer "schändlichen und verlogenen Politik". An die Adresse der Kanzlerin sagte sie: "Ihre Bilanz ist eindeutig: Noch nie wurden so viele sichere Arbeitsplätze in schlecht bezahlte umgewandelt", sagte sie . Es sei auch eine "Schande", wenn den Bürgern in teuren Anzeigen der Regierung vorgegaukelt werde, die Kosten für die Gesundheit sollten bezahlbar bleiben. Das Gegenteil sei der Fall.
Die FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger wies die Vorwürfe der Klientelpolitik zurück: "Sie nennen es Klientel, wir nennen es Bürger." Die schwarz-gelbe Koalition habe im ersten Jahr ihrer Regierungszeit Entlastungen für Familien und Arbeitnehmer auf den Weg gebracht. An die Adresse der Grünen sagte Homburger: "Es geht Ihnen nicht um die Sache, es geht Ihnen um Protest." Die Partei spiele sich zur "Moralinstanz" auf. Dies sei jedoch eine "Lebenslüge".
"Das Gespür für den Anstand verloren"
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warf der Bundesregierung vor, entscheidende Aufgaben nicht anzugehen. "Sie setzen die Zukunft des Landes aufs Spiel", sagte Künast. Die Regierung habe keine Antworten auf die anstehenden Herausforderungen in der Bildungspolitik, beim Umbau der Wirtschaft, der Bekämpfung des Fachkräftemangels oder dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Künast warf der Regierung vor, "das Gespür für den Anstand, für die Menschen verloren" zu haben. Auf die Attacken von Union und FDP gegen die Grünen ging sie nur knapp ein: "Wir nehmen den Handschuh gerne auf." Die Menschen in Deutschland hätten die Wahl zwischen zwei Konzepten - Schwarz oder Grün.