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Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung Schwarz-Gelb vertagt, vertagt, vertagt...

Abgeordnete zu schmieren, ist hierzulande formal nicht verboten - trotz einer UN-Konvention gegen Korruption. Die hat Deutschland zwar unterzeichnet, aber die Ratifizierung wird verschleppt.
Von Eric Hofmann, Berlin

Zehn Jahre ist es schon her, dass Deutschlands die Anti-Korruptions-Konvention der Vereinten Nationen unterzeichnet hat. Doch in dieser Zeit hat es die Bundesrepublik nicht geschafft, das Papier auch zu ratifizieren. Die Gesetzesvorschläge verschiedenster Parteien werden dabei nicht abgelehnt, sondern in die Ausschüsse verwiesen und dort ein ums andere Mal vertagt. Die Sache wird verschleppt.

Kritik daran gibt es nicht nur von der Opposition, auch aus der Regierungspartei CDU regt sich Widerstand gegen dieses Vorgehen. Siegfried Kauder, Vorsitzender der Rechtsausschusses, präsentierte am 1. März einen interfraktionellen Gesetzesvorschlag, um die Kuh endlich vom Eis zu kriegen, doch mit wenig Erfolg. Im Ausschuss liegt längst ein Vorschlag der SPD aus dem vergangenen Jahr vor. Doch auch hier das übliche Vorgehen: Viermal wurde der SPD-Vorschlag mit schwarz-gelber Mehrheit vertagt - Anlass für eine Aussprache im Bundestag am Freitag, in der sich Kauder erneut auf die Seite der Opposition und gegen die eigenen Fraktionskollegen stellte.

Abgeordnete unter Generalverdacht?

"Ich war in Afrika, dort wollten Staaten deutsches Recht adaptieren. Immer wieder kam die Frage nach der Korruption, da kam ich mir richtig belämmert vor", sagte Kauder stern.de. Aus seiner Fraktion ist immer wieder die Aussage zu hören, es komme kein Vorschlag zur Lösung des Problems, weil Kauder das nicht wolle. Das sei aber nicht wahr, so der Christdemokrat. Er sei lediglich gegen ein verfassungswidriges Gesetz gewesen.

In der Unionsfraktion erntet Kauder für seine Haltung zum Teil harsche Kritik. "Gesetze macht man, wenn Handlungsbedarf besteht. Sind in den letzten Jahren auch nur Verdachtsfälle im Bundestag aufgetaucht?", polterte Fraktionskollege Wolfgang Götzer. Eine Verschärfung des derzeitigen Gesetzes, das lediglich den direkten Stimmenkauf bei Wahlen oder Parlamentsabstimmungen verbietet, sei verfassungsrechtlich nicht möglich. "Sie tragen dazu bei, dass alle Abgeordneten unter Generalverdacht gestellt werden", warf er den Befürwortern einer Gesetzesänderung vor. Kauder selbst entgegnete diesem Argument schon zuvor: "Es kann geregelt werden, es muss geregelt werden. Jeder einzelne ist aufgerufen sich darüber Gedanken zu machen."

Opposition spricht von Schande

Burkhard Lischka von der SPD sprang Kauder bei. "Kauder hat sich wenigstens mal die Mühe gemacht." Den Rest der Regierungskoalition griff er jedoch scharf an: "Ihre beharrliche Weigerung spricht Bände, Sie machen sich überhaupt keine Gedanken." Lischka gehört zu den Unterstützern des Kauder-Vorstoßes, seinem eigenem Vorschlag gibt er keine Chance mehr. "Der kommt diese Legislaturperiode nicht mehr direkt ins Plenum, der ist tot", sagte er stern.de und ärgerte sich darüber, dass Schwarz-Gelb den Vorschlag nicht einmal ablehnen werde. Für den Vorschlag Kauders, der als Gruppenantrag ins Parlament kommen soll, habe er bis Donnerstag bereits rund 60 Unterschriften in der eigenen Fraktion gesammelt. Auch Siegfried Kauder zählt auf einige Unterstützer in der CDU. Eine Zahl wollte er am Freitag aber nicht verraten.

Dass dieser Antrag aber erfolgreicher sein wird, als der der SPD oder auch der von der Linken 2010 oder den Grünen 2011, ist zu bezweifeln. Auch Kauder sprach gegenüber stern.de von einem "Webfehler im Parlamentsrecht", der auch hier die Verzögerung erlaube. FDP-Politiker Jörg van Essen nahm die ständigen Vertagungen im Rechtsausschuss in Schutz: "Es gibt gute Gründe, warum wir nicht zu einem Ergebnis gekommen sind", sagte er im Bundestag. Abgeordnetenbestechung sei nämlich bereits strafbar und man sei in der Verantwortung für verfassungsgemäße Gesetze einzustehen. "Deshalb ist es gut, dass wir keine Schnellschüsse machen."

Heftiger Schlagabtausch im Parlament

Dabei platzte Christine Lambrecht von der SPD der Kragen: "Ich habe selten so eine dreiste Begründung für Arbeitsverweigerung und Unfähigkeit gehört", wetterte sie im Plenum. Es gehe ihr darum, dass bisher lediglich Stimmenkauf strafbar sei. Von der Koalition käme nichts, dabei hätte man gern wenigstens über existierende Vorschläge diskutiert.

Auch bei den Grünen erntete die Haltung der Koalition Unverständnis. Jedes Jahr fange man sich wegen der unzureichenden Gesetzeslage eine Rüge von der Staatengruppe gegen Korruption (Greco) ein, sagte Wolfgang Wieland. "So etwas kann man doch nicht aussitzen. Wenn Sie weiter in Agonie verharren, ist das eine Schande", warf er der Regierungskoalition vor.

In der Tat haben bereits über 160 Staaten die UN-Konvention gegen Korruption in nationales Recht umsetzen können. Deutschland steht damit in einer Reihe mit Nordkorea, dem Sudan oder Syrien. 2012 richteten sich 35 Großkonzerne an die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, dass die aktuelle Lage dem Ansehen Deutschlands schade.

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