Kirchliche Hochzeiten sind in Deutschland künftig auch dann erlaubt, wenn die Ehe vorher nicht standesamtlich geschlossen wurde. Die Regelung, wonach Pfarrer und Priester durch eine solche Trauung eine Ordnungswidrigkeit begehen, wird zum 1. Januar 2009 aus dem Gesetz gestrichen. Das bestätigten die zuständigen Innenpolitiker der Koalitionsfraktionen.
Standesamt nicht gleichgestellt
Für Eheleute ändert sich praktisch nichts, denn ausschließlich kirchlich getraute Paare gelten unverändert als nicht verheiratet. Von allen rechtlichen und steuerlichen Vorteilen wie dem Ehegattensplitting oder der Privilegierung des Partners im Erbrecht profitierten nur Paare, die vor dem Standesamt geheiratet haben, erklärten der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Stephan Mayer, und die SPD-Innenexpertin Gabriele Fograscher. Im Gegensatz zu den Geistlichen hätten den Paaren bislang auch keinerlei Sanktionen gedroht, wenn sie ohne standesamtliche Trauung in der Kirche heirateten.
Trotz der Gesetzesänderung will die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) die standesamtliche Hochzeit als Voraussetzung für eine kirchliche Trauung beibehalten. Dies sei "eine in Jahrhunderten bewährte Praxis - daran ändert sich nichts", sagte der Präsident des EKD-Kirchenamts, Hermann Barth. Auch bei der katholischen Deutschen Bischofskonferenz hieß es, ein Zusammenhang zwischen kirchlicher und standesamtlicher Trauung sei "sinnvoll" und solle auch künftig "eng zusammengehalten werden".
Regelung schon 2006 verabschiedet
Die Neuregelung war gemeinsam mit vielen anderen Gesetzesdetails bereits Ende 2006 ohne größeres Aufsehen von Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden. Während der Regensburger Familienrechtler Dieter Schwab in der "Süddeutschen Zeitung" vor den Nachteilen für Paare warnte, die nur kirchlich getraut sind, sagte der CSU-Innenexperte Mayer: "Ich bin persönlich der Meinung, dass die Abschaffung der Ordnungswidrigkeit in der Praxis keine größere Relevanz haben wird."
Zumindest spielt die kirchliche Trauung für viele Paare in Deutschland keine Rolle. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es 2006 insgesamt 373 681 standesamtliche Eheschließungen. Nur gut 100 000 Paare ließen sich anschließend auch noch kirchlich trauen.
Das Verbot der kirchlichen Voraustrauung geht auf das Jahr 1875 zurück, als das Deutsche Reich die Zivilehe gegen den Widerstand der Kirche durchsetzen wollte. Bei Zuwiderhandlung drohten Priestern damals Geld- oder Gefängnisstrafen. Seit 1953 handelte es sich aber nur noch um eine Ordnungswidrigkeit ohne Strafandrohung. Mayer und Fograscher beteuerten zudem übereinstimmend, aus der Geschichte der Bundesrepublik sei ihnen kein einziger Fall bekannt, in dem diese Regelung noch eine Rolle gespielt habe.

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Mehrere rechts- und Innenpolitiker des Bundestages äußerten sich distanziert zu der Neuregelung. "Es ist mir ein Rätsel, warum man das gemacht hat2, sagte der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Jürgen Gehb, dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz sagte, er können den Sinn nicht erkennen. "Wir leben in einer säkularen Welt."