Gesundheitsreform Schmidt lehnt Unions-Konzept ab

Die Unions-Vorschläge zur Gesundheitsreform hält Bundesministerin Ulla Schmidt schlicht für "unsozial". Danach sollen die Bürger zehn Prozent pro medizinischer Leistung selbst tragen.

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hält die Vorschläge der Union zur Gesundheitsreform für untauglich. Dass die Bürger nach dem Willen der Union zehn Prozent der Kosten pro medizinischer Leistung selbst tragen sollen, bezeichnete sie in den ARD-«Tagesthemen» als «unsozial». Auch die Herausnahme des Zahnersatzes aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen will Schmidt nicht mittragen. «Das reicht nicht aus, um eine Gesundheitsreform zu machen», sagte Schmidt.

Kritische Stimmen verstummen nicht

Einen Tag vor der ersten Lesung des rot-grünen Gesetzentwurfs zur Gesundheitsreform im Bundestag berät die Unionsfraktion heute über ihren Gegenentwurf. Erst gestern hatten sich die Spitzen von CDU und CSU auf ein Alternativkonzept geeinigt. In der Union verstummten die kritischen Stimmen aber nicht. Rot-Grün muss derweil um eine eigene Mehrheit für ihren Reformentwurf bangen. In einer internen Abstimmung der SPD-Fraktion lehnten sieben Abgeordnete das Koalitionskonzept ab. Demzufolge sollen Arbeitnehmer die Kosten für die Krankengeldversicherung ab dem 42. Tag künftig allein bezahlen.

CDU-Chefin Angela Merkel und der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hatten sich darauf verständigt, den Zahnersatz aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nehmen zu wollen und über eine private Pflichtversicherung abzusichern. Der Pauschalbetrag von zehn Prozent der Kosten pro medizinischer Leistung soll auch für Arztbesuche oder Krankenhausaufenthalte gelten.

Kompromiss ohne Gegenstimme gebilligt

Der CDU/CSU-Fraktionsvorstand billigte gestern Abend den Kompromiss ohne Gegenstimme. Dies wurde in der Fraktion als Niederlage für Vize-Fraktionschef Horst Seehofer bewertet, der der Sitzung fernblieb. Die CDU wollte ursprünglich nicht nur den Zahnersatz, sondern die gesamte Zahnbehandlung aus dem Katalog der gesetzlichen Versicherung streichen. Dagegen hatte sich Seehofer massiv gewehrt und der CDU vorgeworfen, eine «Privatisierungsorgie» zu planen.

Der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt fordert jetzt noch drastischere Leistungskürzungen als sie der Unions- Kompromiss vorsieht. Man müsse auch darüber nachdenken, das Krankengeld und private Unfälle aus der gesetzlichen Versicherung herauszunehmen, sagte Milbradt der «Berliner Zeitung». Nur so könnten die Versicherungsbeiträge von derzeit durchschnittlich 14,3 Prozent deutlich gesenkt werden.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, bezeichnete die Einigung von CDU und CSU als «faulen Kompromiss». Er warf der CSU vor, «sich nur aus wahltaktischen Gründen als Bewahrer der sozialen Besitzstände zu profilieren». Sogar CSU-Generalsekretär Thomas Goppel distanzierte sich von Seehofer. Dieser sei mit seinen Äußerungen «zu weit» gegangen, sagte Goppel im ZDF.

Der Freiburger Wirtschaftsprofessor Bernd Raffelhüschen lobte das CDU/CSU-Konzept. Es weise in die richtige Richtung und sei besser als der Regierungsentwurf, sagte das Mitglied der Rürup-Kommission der Oldenburger «Nordwest-Zeitung». «Mit der zehnprozentigen Eigenbeteiligung wurde ein wirklicher Paradigmawechsel vollzogen.»

DPA