Gewerkschaftsrat SPD drängt auf Mindestlohn

In Deutschland könnte es bald gesetzliche Mindeslöhne geben. Der SPD-Gewerkschaftsrat hat einen entsprechenden Plan vorgelegt. Nun soll auch die Union "mit ins Boot".

Gewerkschaftsspitzen und das SPD-Präsidium haben sich in Frankfurt am Main auf einen mehrstufigen Plan zur Einführung von Mindestlöhnen geeinigt: Danach soll ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn erst dann erwogen werden, wenn die Tarifparteien mit Verhandlungen über branchenweite Mindestlöhne scheitern. Der Gesetzgeber solle auch dann eingreifen, wenn ein bestimmtes Lohnniveau unterschritten werde.

"Niedriglohnsektor eindämmen"

SPD-Chef Kurt Beck sagte nach dem Treffen des SPD-Gewerkschaftsrats, das Papier sei intensiv diskutiert worden. Es gebe eine Bereitschaft, wenn die ersten Stufen nicht griffen, "das Instrumentarium des Gesetzgebers" anzuwenden. DGB-Chef Michael Sommer erklärte, der Niedriglohnsektor solle eingedämmt und sortiert werden. Dort, wo die Tarifautomatik funktioniere, habe der Gesetzgeber nichts zu suchen. Dort, wo sie nicht funktioniere, seien gesetzliche Rahmenbedingungen nötig.

Beide Seiten seien überzeugt, dass von einem Mindestlohn keine Gefährdung von Arbeitsplätzen ausgehe, sondern dass damit Sicherheit für Menschen geschaffen werde. Laut Sommer ist über die mögliche Höhe der Mindestlöhne nicht gesprochen worden. Die Gewerkschaften favorisieren 7,50 Euro, Arbeitsminister Müntefering hat sich für Leistungen über Hartz-IV-Niveau ausgesprochen, was dem Minister zufolge einen Betrag von mindestens sechs Euro bedeuten würde.

Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten sich auch die Arbeitgeberverbände und die FDP gegen gesetzliche Mindestlöhne ausgesprochen. Selbst innerhalb der Gewerkschaften war das Thema bislang nicht unumstritten. Die große Koalition will nach den bisherigen Planungen im Herbst über die Themen Mindest- und Kombilohn beraten.

SPD hofft auf Einigung mit CDU

Die SPD hofft nach den Worten von Präsidiumsmitglied Andrea Nahles nun auf die Zustimmung der Union beim Thema Mindestlohn. Nach der Einigung mit den Gewerkschaften auf ein Mindestlohnkonzept sagte dem Radiosender hr-info, sie gehe davon aus, dass ihre Partei die Union mit ins Boot holen könne. Nahles sagte, es gebe in der Union den Wunsch nach Kombilöhnen, "und wir haben immer gesagt, dass es Kombilöhne nicht ohne Mindestlöhne geben wird."

Die SPD-Politikerin verwies zudem auf bevorstehende Änderungen im europäischen Arbeitsrecht. Es sei davon auszugehen, dass Bürger aus dem europäischen Ausland binnen drei Jahren ihre Arbeitskraft in Deutschland ungehindert anbieten könnten. "Für diesen Fall sind die Hausaufgaben noch nicht gemacht. Deshalb sollten wir zumindest gemeinsame Mindestlöhne verabredet haben", sagte Nahles einer Mitteilung des Senders zufolge. Nahles sprach sich demnach auch nicht gegen einen Kompromiss zwischen Mindestlohn und Kombilohn aus.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Dem SPD-Gewerkschaftsrat gehören die Vorsitzenden von sieben der acht Einzelgewerkschaften an, die auch SPD-Mitglied sind. Nur Verdi-Chef Frank Bsirske, der den Grünen angehört, ist nicht dabei. Das Gremium hat keine entscheidende, sondern nur eine beratende Funktion. Es kommt in der Regel zwei bis drei Mal im Jahr mit dem SPD-Präsidium zusammen.

AP
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