Kanzlerin Angela Merkel erklärte am Freitag in Berlin, sie hätte sich gewünscht, dass bei der Grabrede Oettingers "auch die kritischen Fragen im Zusammenhang mit der Zeit des Nationalsozialismus zur Sprache gekommen wären". Dies wäre insbesondere mit Blick auf die Gefühle der Opfer und Betroffenen angemessen gewesen. Sie habe dies am Freitag auch in einem Telefongespräch mit ihrem CDU-Kollegen Oettinger zum Ausdruck gebracht, erklärte Merkel.
Der baden-württembergische Finanzminister Gerhard Stratthaus verteidigte Oettinger dagegen. Ob jedes Wort notwendig gewesen sei, könne er zwar nicht beurteilen, falsch sei die Ansprache jedoch nicht gewesen, Oettinger habe keinen Fehler gemacht. "Filbinger war in Baden-Württemberg ein anerkannter Mann. Und es ist äußerst schade, dass jetzt wieder Diskussionen losgehen, von denen ich geglaubt habe, dass die erledigt seien. Der Ministerpräsident hat vielen Menschen in Baden-Württemberg aus dem Herzen gesprochen, anderen offensichtlich nicht."
Massive Kritik auch vom Zentralrat
Oettinger hatte bei der Trauerfeier für Filbinger am Mittwoch gesagt, dieser sei ein Gegner des Nationalsozialismus gewesen: "Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes. Allerdings konnte er sich den Zwängen des Regimes ebenso wenig entziehen wie Millionen andere."
Dies hatte bei SPD, Grünen, FDP und Linkspartei wie auch beim Zentralrat der Juden massive Kritik ausgelöst. Filbinger war in der Nazi-Zeit Marine-Richter. Ihm wird vorgeworfen, an Todesurteilen beteiligt gewesen zu sein, obwohl andere Richter in ähnlichen Situationen dies vermieden hätten.