Mit eilends anberaumten Krisensitzungen reagiert die Berliner Politik auf die Zuspitzung der Griechenland-Krise: Angesichts einer drohenden Staatspleite in Athen lud Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Partei- und Fraktionschefs der Bundestagsparteien für Montag zu einem Treffen ins Kanzleramt. Vertreter der Koalitionsparteien Union und SPD machten aus ihrem Ärger über die griechische Regierung keinen Hehl. Linke und Grüne verlangten ein Eingreifen Merkels.
Die Kanzlerin wolle die Chefs der Bundestagsfraktionen und Parteien am Montag um 13.30 Uhr über den Sachstand unterrichten, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. CDU/CSU, SPD und Grüne riefen ihre Abgeordneten für Montag zu Sondersitzungen der Fraktionen zusammen.
Auch Beratungen der G7
Das "Handelsblatt" berichtete von einer Reihe vertraulicher Krisengespräche, die noch am Sonntag stattfinden sollten. Angesetzt waren demnach auch Beratungen der sieben wichtigsten Industriestaaten (G-7) sowie der Europäischen Bankenaufsicht.
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte in der Nacht zum Samstag überraschend ein Referendum über die Vorschläge der Geldgeber für den kommenden Sonntag angekündigt. Die Finanzminister der Eurozone warfen Tsipras daraufhin vor, einseitig die Verhandlungen abgebrochen zu haben, und entschieden, das am Dienstag auslaufende Hilfsprogramm nicht zu verlängern.
Ohne frisches Geld droht Griechenland der Bankrott. Für diesen Fall bereitet die Bundesregierung auch bereits humanitäre Hilfsmaßnahmen vor.
Unverständnis in der Koalition
Verärgerung und Unverständnis prägten die Reaktionen von Vertretern der großen Koalition in Berlin. SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel zeigte sich "entsetzt" über das Vorgehen der griechischen Regierung, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte sich "fassungslos". Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) warf der Regierung in Athen vor, ihr Land "ins Chaos" zu führen.
Die Angebote der Euro-Länder an Athen "gingen weiter als alles, was es bisher gab", sagte Gabriel der "Süddeutschen Zeitung" vom Montag. Tsipras werde auch nach einem Referendum kein besseres Angebot erhalten.
Auch Steinmeier richtete Vorwürfe an Athen. "Der Zickzackkurs der griechischen Regierung in den letzten Stunden und Tagen macht einen doch fassungslos", sagte er der "Welt am Sonntag".

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Kauder übt scharfe Kritik
Noch schärfer fiel die Kritik von Kauder aus. Das Vorgehen der Regierenden in Athen trage "absurde Züge", sagte Kauder der "Bild". "Sie führen ihr Land in ein Chaos."
Die Oppositionsparteien Linke und Grüne forderten eine Regierungserklärung Merkels im Bundestag. Die Kritik der Linken zielte vor allem auf die Kanzlerin. Fraktionschef Gregor Gysi erklärte: "Die Bundeskanzlerin ist dabei, einen schwerwiegenden Fehler zu begehen, wenn sie aus ideologischen Gründen ihren Crashkurs weiter fortsetzt."
Grünen-Chefin Simone Peter warf der Kanzlerin Versagen vor. Merkels Sparkurs sei gescheitert, sagte Peter der "Saarbrücker Zeitung" (Montagsausgabe). Die Kanzlerin müssen nun "alles tun, um den Verhandlungsfaden wieder aufzunehmen".
Die Grünen-Fraktionschefs Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter erklärten, die geplante Volksbefragung biete den Griechen nun die Möglichkeit, "das Nein ihrer Regierung zu korrigieren".
Auswärtige Amt riet Bundesbürgern, sich vor einer Reise nach Griechenland mit ausreichend Bargeld zu versorgen: Es könne dort bei der Bargeldversorgung "zu erheblichen Wartezeiten" sowie zu "Engpässen beispielsweise bei der Ausstattung der Automaten mit Bargeld" kommen.