Am Anfang waren sie in Hanau skeptisch gegenüber die "Amis", wie sie hier später nur noch genannt wurden. Der verheerende Bombenangriff der Alliierten gegen Ende des Zweiten Weltkriegs am 19. März 1945 war erst wenige Tage her, als Hanau von US-amerikanischen Truppen besetzt und unter Militärverwaltung gestellt wurde.
Doch schnell weicht die Zurückhaltung der Bevölkerung einer echten Zuneigung gegenüber den Soldaten – denn die bringen nicht nur den Frieden, sondern noch viel mehr: Sie versorgen die Bürger mit Schokolade und Kaugummis, sie spenden Geld für Spielplätze, sie helfen tatkräftig beim Wiederaufbau der zerstörten Viertel.

Hanau: Freundschaftsfeste mit den Amerikanern
In den folgenden Jahren prägen die Amerikaner das Bild der hessischen Stadt. Im 1948 eröffneten Amerikahaus, das heute Olof-Palme-Haus heißt, gibt es eine Bibliothek und ein vielfältiges Kulturprogramm. Außerdem werden zahlreiche Ehen zwischen Amerikanern und Hanauerinnen geschlossen.
Über Jahrzehnte finden in Hanau deutsch-amerikanische Freundschaftsfeste statt, und auch im Nachtleben finden Verbrüderungen statt: Das wilde Lamboyviertel gilt mit seinen Clubs und Bars, die mit Jazz, Swing und Rock'n'Roll Musikliebhaber aus dem ganzen Bundesland anziehen, bald als "hessisches St. Pauli".
Ab dem Mauerfall 1989 zeichnete sich ein langsames Ende der Besatzungsära ab, aber erst 2008 zogen die Amerikaner nach 53 Jahren endgültig ab – und hinterließen neben ihrem 340 Hektar großen Standort auch eine Stadt, deren Bürger sie ins Herz geschlossen hatten.
An der Schwelle zur Großstadt
Gut zehn Jahre später steht Hanau heute mit zuletzt 98.675 Einwohnern an der Schwelle zur Großstadt. Als Geburtsstadt der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm trägt der Ort den Beinamen Brüder-Grimm-Stadt. Die berühmten Märchensammler verlebten auch ihre Kindheit hier, wo alljährlich von Mitte Mai bis Ende Juli mit den Brüder-Grimm-Festspielen Zehntausende Besucher angelockt werden.
Hanau gilt als wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der Main-Kinzig-Region. Zu den wichtigsten Unternehmen gehören etwa der Technologiekonzern Heraeus oder der Reifenhersteller Goodyear Dunlop. Weitere bedeutende Sehenswürdigkeiten sind das Deutsche Goldschmiedehaus und das Schloss Philippsruhe am Mainufer.
Quellen: "Frankfurter Rundschau", DPA