Franz Müntefering hat im "Spiegel"-Interview seinen Widerstand gegen den Vorstoß von Parteichef Kurt Beck bekräftigt, Älteren länger Arbeitslosengeld I zu zahlen. Unterstützung für seinen Vorschlag erhielt Beck hingegen vom saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU). Der Vorstoß von Beck löste indes in der Union einen Streit über die künftige Richtung der Arbeitsmarktpolitik aus. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer warnte die Union davor, auf die Initiative von Beck einzugehen. "Auch Teile der CDU fallen offensichtlich auf das überkommene SPD-Rezept herein, Geld sofort zu verschleudern", sagte er der "Frankfurter Rundschau".
Beck hatte sich dafür ausgesprochen, dass Erwerbslosen nach dem 45. Lebensjahr bis zu 15 Monate und nach dem 50. Lebensjahr bis zu 24 Monate Arbeitslosengeld I gezahlt werden kann. Beck selbst hatte die Kosten auf 800 Millionen Euro beziffert. Müntefering sagte dazu: "Der Familienvater mit 35 Jahren und kleinen Kindern hat bei Arbeitslosigkeit doch größere Probleme als der Vater mit 60 und erwachsenen Kindern." Entschieden wandte er sich auch gegen das Verlängerungsmodell des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers, der zusammen mit Parteifreunden "auf windige Art gegen den Koalitionsvertrag gehandelt" habe. "Die Verwirrung in der Koalition rührt auch daher, dass es Frau Merkel auf ihrem Parteitag nicht geschafft hat, den Rüttgers-Unsinn aufzuhalten", sagte Müntefering.
Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ludwig Stiegler rechnet nach den politischen Meinungsverschiedenheiten mit Beck nicht damit, dass Müntefering aus Protest zurücktritt. "Das würden sich manche in anderen Parteien wünschen. Aber das wird dieser verantwortungsbewusste und soziale Mann nicht tun", sagte Stiegler in der "Berliner Zeitung". Von einem Machtkampf zwischen Beck und Müntefering könne keine Rede sein.
Laumann macht Kompromiss-Vorschlag
Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann schlug einen Kompromiss bei der künftigen Auszahlung des Arbeitslosengeldes vor. "Wir sollten im Gegenzug jüngeren Arbeitslosen nicht die Leistungen kürzen, sondern ihre Wartezeiten erhöhen", sagte der CDU-Minister. Heute müsse ein Arbeitnehmer 24 Monate Beiträge gezahlt haben, um anschließend ein Jahr lang Arbeitslosengeld I zu beziehen. Künftig sollten es 30 Monate sein, schlug Laumann im "Spiegel" vor. Müller sagte der "Bild"-Zeitung, er erwarte, dass die Bundesregierung das Arbeitslosengeld zügig überarbeite.
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnte dagegen in der "Bild am Sonntag" vor einer längeren Auszahlung des Arbeitslosengeldes. "Den Menschen hilft keine opportunistische Verteilung vermeintlicher neuer Wohltaten, sondern nur eine konsequente Fortsetzung des Reformkurses." Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Horst Seehofer forderte eine kostenneutrale Lösung. "Es wäre ganz verkehrt, wenn man jetzt nur aus politischen Wettbewerbsgründen eine muntere Ausgabenspirale mit zusätzlichen Leistungen und Ausgaben in Gang setzen würde", sagte er dem "Münchner Merkur".
AP