Illegaler Daten-Handel "Seehofer macht wieder nichts"

  • von Tiemo Rink
Die Kontodaten von schätzungsweise 20 Millionen Deutschen werden illegal gehandelt. Nun will Verbraucherschutzminister Seehofer das Datenschutzgesetz ändern und die Parteien zum Krisengipfel einladen. Die Opposition hat die ergebnislosen Seehofer-Gipfel jedoch satt.

"Erst lange liegen lassen, dann vollmundig ankündigen - und am Ende passiert wieder nichts. Seehofer agiert beim Datenschutz wie beim Gammelfleisch" empört sich Gisela Piltz, Bundestagsabgeordnete der FDP, über Seehofers jüngste Pläne. Wenn es nach dem Verbraucherschutzminister geht, sollen persönliche Daten künftig nicht mehr ohne ausdrückliche Zustimmung der Betroffenen weitergegeben werden dürfen. Auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) und Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) haben sich bereits dafür ausgesprochen. Durch eine Reform des Datenschutzgesetzes soll "skrupellosen Geldmachern, die illegal mit persönlichen Daten handeln, das Handwerk möglichst schnell so schwer wie möglich gemacht werden", so der Minister in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung.

"So schwer wie möglich" und "möglichst schnell" - das seien typische Seehofer-Sätze, sagen Oppositionelle. Tatsächlich hat der Minister keinen konkreten Termin zur Reform des Datenschutzgesetzes vorgegeben. Zwar trommele insbesondere Seehofer regelmäßig zu diversen Gipfelgesprächen, Ergebnisse seien jedoch Mangelware. Das - so Piltz zu stern.de - sei "keine Politik, sondern der Gipfel der Politikunfähigkeit".

Unterfinanzierte Datenschützer

Sensible Daten werden nach der Einschätzung von Verbraucherschützern vor allem beim Glücksspiel, beim Internethandel und bei der Teilnahme an Lotterien abgeschöpft. Im Kampf gegen illegalen Datenhandel stehen die Datenschutzbeauftragten beim Bund und in den Ländern jedoch oft auf verlorenem Posten. Während die Speicherkapazitäten von Computern immer größer und die Interessen von Wirtschaft und Staat an einer vollständigen Erfassung von Nutzerprofilen immer ausgeprägter werden, gelten die Etats der Datenschutzbeauftragten als zu knapp.

Das müsste sich aus Sicht der Opposition schleunigst ändern. Silke Stokar, Bundestagsabgeordnete und innenpolitische Sprecherin der Grünen, kritisiert, dass sich Datenschutz "unter der gegebenen Ausstattung auf Stichproben in der Wirtschaft" konzentriere. Eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Datenschützer sei ebenso dringend erforderlich wie die Ausgliederung des Bundesdatenschutzbeauftragten aus dem Innenministerium. "Wolfgang Schäuble und Datenschutz ist ein Widerspruch in sich", so Stokar zu stern.de.

Härtere Strafen gefordert

"Nur die Spitze des Eisbergs" erkennt Jan Korte, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, im aktuellen Datenskandal. Verantwortlich dafür sei einmal mehr die Bundesregierung, die "eine längst überfällige Reform des Datenschutzgesetzes" seit Jahren "verbummelt" habe. Im Kampf gegen kriminelle Datenhändler setzen die Linken auf schärfere Strafen. Bisher beträgt die Höchststrafe 250.000 Euro. Zu wenig, findet Korte: "Wenn man die Gewinnmargen beim illegalen Datenhandel berücksichtigt, sind 250.000 Euro nicht mehr ausreichend".

Würde das geltende Strafmaß ausgeschöpft werden - beim Bundesverband der Verbraucherzentralen würden wohl die Sektkorken knallen. Im Jahr 2006 wurden bundesweit aber nur sechs Unternehmen wegen Verstößen zu Strafzahlungen verurteilt, so ein Sprecher des Verbandes zu stern.de. Das höchste in 2006 verhängte Bußgeld: knapp 20.000 Euro.