Ausländische Staatsoberhäupter, Regierungsmitglieder und diplomatische Vertreter genießen nach deutschem Recht einen zusätzlichen Schutz ihrer Ehre - egal ob sie sich im In- oder Ausland aufhalten. Wer einen ausländischen Staatschef beleidigt, muss nach Paragraf 103 des Strafgesetzbuches (StGB) mit bis zu drei Jahren Haft oder einer Geldstrafe rechnen. Ist Verleumdung im Spiel, drohen sogar bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug.
Voraussetzung für eine Strafverfolgung ist laut Paragraf 104a StGB allerdings, "dass die Bundesrepublik Deutschland zu dem anderen Staat diplomatische Beziehungen unterhält (...), ein Strafverlangen der ausländischen Regierung vorliegt und die Bundesregierung die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt".

Ist es zu solchen Ermächtigungen in den vergangenen Jahren gekommen?
Ja, aber viel weiß man darüber nicht. Die Bundesregierung schweigt sich ziemlich darüber aus, in welchen Fällen sie die Justiz zu Ermittlungen ermächtigt hat. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes kam es seit 2009 zu zwei Prozessen nach Paragraf 103 (Abs. 1), nämlich in den Jahren 2010 und 2013. In beiden Fällen kam es zu Verurteilungen, genauere Informationen liegen dem Bundesamt dazu nicht vor. Der letzte bekannte Fall stammt aus dem Jahr 2007: Damals verurteilte das Amtsgericht Regensburg einen Mann zu 50 Tagessätzen à jeweils 10 Euro Geldstrafe - insgesamt also 500 Euro -, weil er die Schweizer Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey im Internet wüst beschimpft hatte. Um einen Prozess kam der Mann seinerzeit aber herum: Die Entscheidung erging per Strafbefehl.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte nun an, dass der Paragraf 103 noch in dieser Legislaturperiode abgeschafft werden solle. Der Passus sei "für die Zukunft entbehrlich".
Hilft es Böhmermann, wenn Paragraf 103 StGB abgeschafft würde?
Etwas. In Paragraf 2 StGB heißt es: "Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung (Urteil) geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden." Eine Verurteilung nach Paragraf 103 StGB wäre dann aus Sicht von Juristen nicht mehr möglich. Aller Voraussicht nach käme dann nämlich der allgemeine Beleidigungsparagraf § 185 StGB zum Tragen, der ein geringeres Strafmaß vorsieht.
"Mörderbande"-Banner gegen chilenische Diktatur rechtswidrig
1977 erklärte das Oberverwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen ein zur Zeit der Pinochet-Diktatur vor der chilenischen Botschaft in Bonn gezeigtes Transparent mit der Aufschrift "Mörderbande" für rechtswidrig. Der chilenische Botschafter hatte sich beleidigt gefühlt, Polizisten das Spruchband sichergestellt. Die Revision gegen das Urteil wies das Bundesverwaltungsgericht 1981 zurück.