K-FRAGE Der Fahrplan gerät durcheinander

Nach dem eindeutigen Vorstoß der CSU für eine Kanzlerkandidatur ihres Parteichefs regt sich in der CDU zunehmend Widerstand. Führende CDU-Politiker pochen auf den vereinbarten Fahrplan.

Führende CDU-Politiker verwiesen auf das Vieraugengespräch zwischen Stoiber und CDU-Chefin Angela Merkel in diesem Monat und pochten auf den zwischen beiden Schwesterparteien vereinbarten Fahrplan. Die Klärung der Kandidatenfrage sei »nicht das Ergebnis von Vorfestlegungen«, sagte CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer der »Financial Times Deutschland« (Mittwoch). Dies gelte für die heute zu Ende gehende CSU-Klausur in Kreuth wie auch für die CDU-Vorstandssitzung in Magdeburg am Wochenende. Ziel müsse es sein, »jetzt nicht noch Öl ins Feuer zu gießen«, mahnte Meyer.

Merkel hatte auf den CSU-Vorstoß zu Gunsten Stoibers mit einem unbeirrten Hinweis auf das verabredete Verfahren reagiert. Sie appellierte, das entscheidende Gespräch mit Stoiber »vor der nächsten Bundestagssitzungswoche« (23. bis 25.) abzuwarten. »Edmund Stoiber und ich hätten uns auf ein solches Verfahren gar nicht geeinigt, wenn wir davon ausgegangen wären, dass wir nicht die notwendige politische Führungskraft haben, um dann auch unseren Parteien etwas vorzuschlagen«, sagte Merkel dem ZDF.

Merkel erwartet »persönliches, freundschaftliches Gespräch«

Die CDU-Chefin erwartet weiterhin, dass nach einem »persönlichen, freundschaftlichen Gespräch« den Parteigremien ein Vorschlag gemacht werden kann. »Stoiber ist ein Mann, der zuhören kann, der Argumenten zugänglich ist - ich bin das genau so«, sagte Merkel am Abend in den ARD-Tagesthemen. Der verabredete Weg zur Kandidatenkür verhindere, »dass zum Schluss in Kampfabstimmungen Züge aufeinander zurasen«.

Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU) sieht die Entscheidung zwischen Merkel und Stoiber noch nicht gefallen. Der »Thüringer Allgemeinen« (Mittwoch) sagte Bosbach: »Ich glaube, dass die Bataillone für Merkel und Stoiber mindestens gleich stark sind.« Er distanzierte sich zugleich von der Ansicht des NRW-Landeschefs Jürgen Rüttgers, die CDU im mitgliederstärksten Landesverband stehe geschlossen hinter einer Kandidatur Merkels.

CDU mit »erstem Zugriffsrecht«

Auch Ex-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) geht davon aus, dass die Würfel noch nicht gefallen sind. »Es kann jeder erklären, dass er im Zustimmung bittet. Vereinbart ist ein bestimmtes Verfahren. Das gilt auch nach Kreuth«, sagte Süssmuth der »Thüringer Allgemeinen« (Mittwoch). Der brandenburgische CDU-Landeschef Jörg Schönbohm kritisierte in der n-tv-Fernsehsendung »Maischberger« die klare Pro-Stoiber-Empfehlung aus der CSU: »Das ist abweichend von dem Fahrplan, der vereinbart worden ist.« Als größere Schwesterpartei stehe der CDU »das erste Zugriffsrecht« auf die Kanzlerkandidatur zu.

Im Ringen um die Kanzlerkandidatur hatte die CSU gestern den bislang eindeutigsten Vorstoß zu Gunsten Stoibers unternommen. Bei ihrer Klausurtagung im oberbayerischen Wildbad Kreuth baten die CSU- Bundestagsabgeordneten die CDU um Unterstützung für den bayerischen Ministerpräsidenten. Das Treffen in Kreuth geht heute mit einem Europapolitik-Referat des früheren CDU-Chefs Wolfgang Schäuble zu Ende. Das Thema Kanzlerkandidatur dürfte nur noch am Rande eine Rolle spielen. Stoiber nimmt am Abschlusstag der Klausur nicht mehr teil.