Folgen der Maßnahmen? Lauterbach verteidigt Corona-Politik: Sie sei nicht der Grund für mehr psychische Störungen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat zurückgewiesen, dass die deutsche Corona-Politik für die Zunahme psychischer Störungen verantwortlich ist
© Kay Nietfeld / DPA
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat den Corona-Kurs verteidigt. Er wies zurück, dass es durch die Corona-Maßnahmen des Bundes mehr psychische Störungen als in anderen Ländern gebe. Zugleich erteilte er dem britischen Corona-Weg eine Absage.

In der mittlerweile fast zwei Jahre andauernden Coronakrise waren und sind immer noch sehr viele Menschen belastet – auch psychisch. Den Vorwurf, dass die deutsche Corona-Politik mit ihren international eher etwas strengeren Maßnahmen für die Zunahme psychischer Störungen im Land verantwortlich ist, wies Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zurück. "Da muss man vorsichtig sein, das geben die Studien aus meiner Sicht nicht her", sagte der SPD-Politiker am Montagabend in der ARD-Sendung "Hart aber fair". Es gebe mehr psychische Störungen auch in Staaten, die weniger gemacht haben als Deutschland. Als Beispiel nannte er die USA, wo seiner Ansicht nach sehr viele Tote vermeidbar gewesen wären. Die Störungen seien mutmaßlich eher auf die Corona-Lage insgesamt als auf die Schutzmaßnahmen zurückzuführen.

Kinder und Jugendliche stärker betroffen

Eine Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) hat ergeben, dass psychosoziale und gesundheitliche Beeinträchtigungen in der Corona-Pandemie bei Kindern und Jugendlichen und deren Familien zugenommen haben. "Es gibt Hinweise auf einen Anstieg von psychischen Beeinträchtigungen von Kindern, insbesondere bei psychosomatischen Beschwerden, Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Erkrankungen, vor allem bei bereits vorbelasteten Kindern", hieß es in der Studie aus dem vergangenen Jahr.

Daten-Analysen des deutschen Familienpanels pairfam hätten darauf hingewiesen, dass etwa 25 Prozent der Jugendlichen eine "klinisch relevante Symptomatik von Depressivität" nach dem ersten Lockdown im Jahr 2020 aufweisen. Allerdings wurde dies nicht mittels Diagnose, sondern durch Selbsteinschätzungen festgestellt. Im Jahr vor der Pandemie lag diese Zahl bei lediglich zehn Prozent. Besonders gefährdet für psychische Probleme seien weibliche Jugendliche. "Hier hat sich die subjektive Depressivitätssymptomatik von 13 auf 35 % fast verdreifacht." Auch Jugendliche mit Migrationshintergrund seien besonders betroffen.

Karl Lauterbach gegen britischen Weg in der Corona-Pandemie

Den Verzicht der britischen Regierung auf strenge Maßnahmen trotz explodierter Infektionszahlen nannte er eine "unethische Wette". Deutschland sei mit seinem Kurs, die Menschen zu schützen, auch ökonomisch nicht schlechter gefahren als etwa Großbritannien. Der britische Kurs komme auch schon deshalb nicht infrage, weil die Impfquote in Deutschland insbesondere bei den Älteren viel schlechter sei als die in Großbritannien. "Ich würde eine solche Strategie wie in England, die auf Durchseuchung hinausläuft, ohne dass man es so nennen will, eine solche Strategie würde ich uns niemals empfehlen. Und dafür steht auch die Bundesregierung nicht zur Verfügung."

Mit Blick auf Klagen von Ärzten über eine unzureichende Versorgung mit Impfstoff sagte Lauterbach: "Das ist also Aufgabe der Länder, diese Zuteilung vorzunehmen. Und ich würde mir da auch also eine etwas andere Zuteilung von Land zu Land vorstellen." Insgesamt gebe es mehr Impfstoff als nötig, um die gesamte zu Auffrischimpfungen bereite Bevölkerung abdecken zu können – allerdings nicht den vor allem nachgefragten der Hersteller Biontech und Pfizer, sondern vor allem den von Moderna. Moderna-Dosen seien in großer Menge gekauft worden, Biontech hingegen habe "aus Produktionsgründen" nicht ausreichend besorgt werden können.

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